Der Anbau von Pflanzen für Biokraftstoffe muss nicht immer negative Klimaauswirkungen haben: Werden nur bereits existierende Äcker oder Weiden mit Zuckerrohr bepflanzt, wie in Brasilien verbreitet der Fall, sorgt dies sogar für eine Kühlung des lokalen Klimas, wie eine Studie amerikanischer Forscher belegt. Grund dafür ist, dass die Blätter des Zuckerrohrs das Sonnenlicht besonders gut reflektieren und mehr Wasser abgeben als andere Nutzpflanzen. Dennoch, so mahnen die Wissenschaftler in „Nature Climate Change“, ist die natürliche Vegetation in punkto Klimawirkung jeder Nutzfläche haushoch überlegen.
Biokraftstoffe sind ein zweischneidiges Schwert: Zum einen können sie die Nutzung klimaschädlicher fossiler Brennstoffe reduzieren oder ersetzen und damit eine Reduktion der Treibhausgasemissionen bewirken. Zum anderen aber tragen die für die Biokraftstoffe benötigten Anbauflächen zu weiteren Eingriffen in natürliche Ökosysteme bei. Umwandlungen von Wildwuchs oder Wäldern in Biokraftstoff-Plantagen sind zudem deutlich weniger effektive Treibhausgas-Senken.
Größte Savanne Südamerikas als Testgebiet
Doch es gibt offenbar Ausnahmen, wie amerikanische Wissenschaftler jetzt herausfanden: Dann nämlich, wenn zuvor bereits landwirtschaftlich genutzte Flächen gezielt mit bestimmten Rohstofflieferanten für Biokraftstoffe bepflanzt werden. Für ihre Studie untersuchten die Ökologen die direkten Klimaauswirkungen der Vegetation im brasilianischen Cerrado, der größten Savannenregion Südamerikas. Die einst mehr als zwei Millionen Quadratkilometer umfassende natürliche Savannenvegetation ist heute in vielen Bereichen in Weideland oder andere landwirtschaftliche Flächen umgewandelt.
Mit Hilfe von hunderten von Satellitenbildern des Gebiets, sowie Messungen von Temperatur, Verdunstung und Albedo – dem Anteil des von der Vegetation reflektierten Sonnenlichts – verglichen sie die Klimaauswirkungen von Weideland und Feldern, natürlicher Vegetation und Zuckerrohrplantagen.
Zuckerrohr kühlt mehr als andere Nutzpflanzen
Das Ergebnis war eher unerwartet: „Wir haben festgestellt, dass der Übergang von natürlicher Vegetation zu landwirtschaftlichen Anbauflächen oder Weiden normalerweise in einer lokalen Erwärmung resultiert, weil die Pflanzen weniger kühlendes Wasser abgeben“, erklärt Scott Loarie von der Carnegie Institution. „Aber das Bambus-ähnliche Zuckerrohr ist stärker reflektierend und gibt mehr Wasser ab – sehr ähnlich der natürlichen Vegetation.“ Um rund 1,55° Celsius erhöhte sich durchschnittlich die Temperatur im Cerrado, wenn natürliche Vegetation in Felder oder Weiden umgewandelt wurden.
Wurde auf diesen Flächen anschließend Zuckerrohr angebaut, kühlte dies die umgebende Luft wieder um 0,93°C herunter. Die Forscher betonen, dass sich damit ein positiver Effekt nur dort ergibt, wo Zuckerrohr auf bereits zuvor landwirtschaftlich genutzten Flächen angebaut wird. Eine Umwandlung von natürlicher Vegetation wie Wald oder Buschland zu Zuckerrohrplantagen, beispielsweise durch Waldrodung, wäre jedoch fatal: Denn der ursprüngliche Wildwuchs ist in jedem Falle immer kühlender und klimaschonender als jede menschengemachte Bepflanzung es sein könnte.
Doppelter Nutzen fürs Klima
Brasilien deckt heute rund ein Viertel des Kraftstoffbedarfs seiner Fahrzeuge durch Biokraftstoffe und nutzt entsprechend große Landflächen für den Anbau entsprechender Rohstoffpflanzen. Die jetzigen Erkenntnisse zeigen, dass dieser Anbau nicht per se negative Folgen für das Klima haben muss, sondern sogar das kleinere Übel gegenüber Weideland oder anderen Feldern darstellen kann.
„Es wird immer klarer, dass direkte, lokale Klimaauswirkungen von Landnutzungs-Entscheidungen einen großen Einfluss haben, die als Kernelemente des menschengemachten Klimawandels gelten müssen“, erklärt Greg Asner, ebenfalls von der Carnegie Institution. Im Falle des brasilianischen Zuckerrohrs ergeben sich durchaus auch positive Auswirkungen. „Das ist eine potenzielle Win-Win-Situation für das Klima“, ergänzt Loarie. „Die Nutzung von Zuckerrohr um Fahrzeuge anzutreiben reduziert die Kohlendioxid-Emissionen, sein Anbau senkt die lokale Lufttemperatur.“ (Nature Climate Change, 29011; doi: 10.1038/nclimate1067)
(Carnegie Institution, 19.04.2011 – DLO)