Korallen gibt es schon seit 500 Millionen Jahren und damit fast doppelt so lange wie gedacht. Das enthüllt die erste Sequenzierung eines Korallengenoms durch japanische Forscher. Die riffbildenden Tiere überstanden demnach sogar das schlimmste Massenaussterben der Erdgeschichte vor 251 Millionen Jahren. Damals starben 95 Prozent aller Meerestiere aus.
„Die frühe Entstehung der Steinkorallen deutet darauf hin, dass sie bereits mehrere Perioden großer Umweltveränderungen überlebten. Darunter auch das Ereignis am Ende des Perm, als die globalen CO2-Werte und Temperaturen viel höher waren als heute“, sagen die Forscher im Fachmagazin „Nature“. Heute sind die riffbildenden Korallen akut von Korallenbleiche und Meeresversauerung bedroht. Ob sich die Tiere diesmal rechtzeitig anpassen können, sei allerdings eine ganz andere Frage, warnen die Wissenschaftler um Nori Satoh vom Okinawa Institute of Science and Technology in Onna. Noch haben auch sie keine eindeutige Information zur Ursache der Korallenbleiche und möglichen Gegenmitteln.
Vom nun bekannten Genom der Koralle „Acropora digitifera“ erhoffen sich die Forscher aber eine Hilfe bei der weiteren Suche. Immerhin in einer Hinsicht scheinen die Steinkorallen relativ robust zu sein: Ihre DNA-Sequenz enthüllte, dass sie ein eigenes Sonnenschutzmittel produzieren. Eine Aminosäure-Verbindung bewahrt ihre Zellen vor Schäden durch die UV-Strahlung des Sonnenlichts. Dies ermöglicht es den Korallen, auch in flachem Wasser ohne Erbgutschäden zu überleben.
Riffbildner mit komplizierter Biologie
Korallenriffe gehören zu den artenreichsten Lebensräumen unseres Planeten. „Der Rückgang der Korallen und der Verlust ganzer Riffe ist daher eines der drängendsten Umweltprobleme unserer Zeit“, sagen die Forscher. Die komplizierte Biologie der riffbauenden Steinkorallen macht es jedoch schwer, ihre Robustheit und Reaktion auf den Klimawandel und andere Veränderungen einzuschätzen.
Korallen leben in Symbiose mit einzelligen Algen der Gattung Symbiodinium. Die Photosynthese der Einzeller liefert den Nesseltieren wertvolle Nährstoffe. Der Nachteil dabei: Geht es den Algen schlecht oder sterben sie, geht oft auch die Koralle zugrunde. Wichtige Einblicke in das Verhältnis der beiden Symbiosepartner liefert nun die aktuelle Studie.
Hinweise auf 23.700 proteinkodierende Gene
Die japanischen Forscher wählten für ihre Sequenzierung die Steinkoralle Acropora digitifera. Sie ist die häufigste riffbildende Koralle im Indo-Pazifik und gilt als besonders empfindlich gegenüber der Meereserwärmung. Insgesamt umfasst ihr Genom 420 Millionen Basenpaare. In der Sequenz fanden die Forscher Hinweise auf rund 23.700 proteinkodierende Gene.
Die DNA-Analyse enthüllte unter anderem, dass trotz der langen gemeinsamen Evolution offenbar kein Genaustausch zwischen der Koralle und ihren Symbiosepartner stattgefunden hat. „Im Gegensatz zu einigen anderen Korallen scheint Acropora ein Enzym für die Cystein-Biosynthese zu fehlen. Damit ist die Koralle von der Lieferung dieser Aminosäure durch ihren Symbionten abhängig“, berichten die Forscher in ihrem Artikel.
Dies könnte erklären, warum die Koralle besonders sensibel auf eine Erwärmung des Meerwassers reagiert: Wird es ihrem Symbionten zu warm, kann Acropora nicht aus eigener Kraft überleben. (Nature, 2011; DOI: 10.1038/nature10249)
(Nature / Okinawa Institute of Science and Technology /dapd, 25.07.2011 – NPO)