Viren benutzen die Fresszellen des Immunsystems als Türöffner, um in den menschlichen Körper einzudringen. Diesen bisher unbekannten Infektionsmechanismus haben Schweizer Forscher jetzt in einer Studie identifiziert.
„Die intakte Schleimhaut ist normalerweise gegen Infektionen resistent. Es war bisher unbekannt, wie Viren es trotzdem schaffen diese Barriere zu überwinden“, sagen die Forscher im Fachmagazin „Nature Communications“. Ihre Versuche mit Schleimhautzellen der Lunge in Zellkultur widerlegten frühere Vermutungen, nach denen mechanische Beschädigungen der Schleimhaut oder „trojanische Pferde“ den Viren bei ihrem Eindringen helfen. Stattdessen spielt die Präsenz von Fresszellen des Immunsystems eine entscheidende Rolle. Das zeigen Laborversuche mit Adenoviren, Krankheitserregern, die Erkältungen, aber auch schwere Lungenentzündungen hervorrufen können.
Werden Adenoviren von den Immunzellen gefressen, beginnen diese mit der Produktion einer Substanz, die Entzündungen fördert und das Eindringen der Viren in die Schleimhaut erleichtert. „Unsere Daten deuten auf eine entscheidende Rolle von Fresszellen bei der Infektion mit Adenoviren hin. Dies könnte auch ein Licht darauf werfen, wie andere Krankheitserreger in die Schleimhäute eindringen“, schreibt das Forscherteam von der Universität Zürich. Die Kenntnis dieses Transportwegs könne auch dazu dienen, Gentherapien gegen Krebs und die Entwicklung von spezifisch wirkenden Krebsmedikamenten weiter voranzutreiben.
Eindringen von Viren in Schleimhäute bisher ein Rätsel
Die Schleimhäute müssten eigentlich perfekt gegen krankmachende Virenangriffe geschützt sein: Sie tragen auf ihrer Außenmembran keine Andockstellen für Hepatitis C-, Herpes-, Adeno- oder Polioviren. Dennoch gelingt es einzelnen Viren, wie beispielsweise dem Aids-Virus HIV, über die Schleimhaut in den Körper einzudringen. Wie dieses Eindringen auf molekularer Ebene abläuft, war bislang ein ungelöstes Rätsel.