Wissenschaftlern ist es gelungen, eine seit 150 Jahren offene Frage der Evolution zu beantworten: Wie schafft es die Natur, die gleichen Farbmuster bei Dutzenden völlig unterschiedlichen Tierarten entstehen zu lassen? So ahmt die harmlose Schwebfliege das gelbschwarze Warnmuster der stachelbewehrten Wespe nach. Die rund 40 Arten der tropischen Heliconius-Schmetterlinge tragen dagegen alle ein rotes Warnmuster auf ihren Flügeln, das ihren Feinden signalisiert: „Ich bin nicht essbar!“. Dass diese Mimikry der bunten Falter auf der Veränderung von nur einem einzigen Gen beruht, hat jetzt ein internationales Forscherteam herausgefunden.
„Dies ist unser erster Blick darauf, wie Mimikry und konvergente Evolution auf genetischer Ebene funktionieren“, sagt Robert Reed von der University of California in Irvine. Bisher habe man vermutet, dass jeweils unterschiedliche Gene die Warnmuster hervorrufen. Das in zehnjähriger Arbeit identifizierte Gen „Optix“ habe jedoch in Schmetterlingsarten in ganz Süd- und Mittelamerika rote Flügelmuster unabhängig voneinander entstehen lassen.
„Das passt zu den wachsenden Belegen auch von anderen Tierarten, dass die Evolution nur von einer relativ kleinen Anzahl von Genen kontrolliert wird. Von den zehntausenden Genen in einem typischen Erbgut scheint nur eine Handvoll wieder und wieder größere evolutionäre Veränderungen anzutreiben“, sagen die Forscher im Fachmagazin „Science“. (DOI: 10.1126/science.1208227)

Einheitliche Warntracht als Schutz vor Fressfeinden
Wenn giftige oder wehrhafte Tiere ihre Fressfeinde warnen wollen, nutzen sie dafür oft gleiche Signalfarben: Muster in gelb-schwarz wie bei Wespen, Hornissen und Bienen, oder rote Flecken auf den Flügeln wie bei tropischen Schmetterlingen. Der Vorteil dieser so genannten Müllerschen Mimikry: Fressfeinde müssen nur eines der ungenießbaren Tiere fressen, um auch bei allen anderen Arten dieses Farbmuster zu meiden.