Seit 150 Jahren gilt der Archaeopteryx als das Symbol schlechthin für die Evolution vom Dinosaurier zu den ersten Vögeln. Jetzt jedoch haben Forscher in der Liaoning Provinz in China das Fossil eines gefiederten Dinosauriers entdeckt, das die Stellung des einstigen Urvogels untergräbt. Der 155 Millionen Jahre alte „Xiaotingia zhengi“ erwies sich als nächster Verwandter des Archaeopteryx. Seine Anatomie liefert nach Ansicht des chinesischen Forscherteams ausreichend Argumente, um beide Arten aus der zentralen Position des Vogelstammbaums zu verschieben.
„Der Fund von Xiaotingia zhengi demonstriert, dass viele Merkmale, die zuvor als vogeltypisch galten, darunter auch lange und robuste Vordergliedmaßen, in Wirklichkeit die größere Gruppe der Paraves charakterisieren“, sagen die Forscher im Fachmagazin „Nature“. Die Paraves umfassen nicht nur die Vögel, sondern auch die Deinonychosaurier, eine nicht zu den Vögeln führende Seitenlinie des Stammbaums. Und in diese Nicht-Vogel-Saurier ordnen Xing Xu von der Chinese Academy of Sciences in Beijing und seine Kollegen den Archaeopteryx nun ein.
„Dieser Fund wird wahrscheinlich für beträchtliche Kontroversen sorgen – wenn nicht sogar für Entsetzen. Zum einen wegen der historischen und soziologischen Bedeutung, die Archaeopteryx besaß. Zum anderen aber auch, weil dies bedeuten könnte, dass vieles von dem, was wir über den Ursprung der ersten Vögel zu wissen glaubten, nun neu überdacht werden muss“, kommentiert Lawrence Witmer von der Ohio University die Entdeckung.

„Missing Link“ seit 1860
Als im Jahr 1860 der „Urvogel“ Archaeopteryx im Kalkstein von Solnhofen in Bayern entdeckt wurde, hatte Charles Darwin gerade seine Theorie über die Entstehung der Arten veröffentlicht. Für die Befürworter der Evolutionstheorie war das neue Fossil ein klares „Missing Link“. Seine federbesetzten Flügel und der Reptilienschwanz prädestinierten es für seine Rolle als evolutionäre Übergangsform zwischen Dinosauriern und Vögeln.