Schon vor rund 31.900 Jahren lebte der anatomisch moderne Mensch in Südosteuropa. Dies schließt ein internationales Wissenschaftlerteam aus der Datierung von fossilen Zähnen und Schädelknochen. Diese wurden in den Buran-Kaya-Höhlen auf der ukrainischen Halbinsel Krim gefunden. Die Struktur und Form der Überreste seien typisch für den Homo sapiens, berichten die Forscher in der Fachzeitschrift „PLoS ONE“. Es handele sich um die ersten frühen Spuren des modernen Menschen in der Region, die aus einer archäologisch gut untersuchten Umgebung stammen.
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Die Ergebnisse werfen nach Ansicht der Wissenschaftler auch ein neues Licht auf das Verhalten der modernen Menschen im Umgang mit Toten. An den Knochen seien Schnittspuren entdeckt worden, die diesen nach dem Tode zugefügt worden seien. „Buran-Kaya III scheint der bisher älteste Beleg für solche Markierungen auf menschlichen Leichen in Europa zu sein. Sie gehen wahrscheinlich eher auf rituellen Kannibalismus oder Bestattungstraditionen zurück als auf einen Kannibalismus als Ernährungsstrategie“, sagen die Forscher. Bisher wurden nur in zwei steinzeitlichen Siedlungsstätten in Frankreich Reste von modernen Menschen mit solchen Schnittspuren gefunden. Beide sind jedoch jüngeren Datums.
Beleg für eine frühe Besiedlung Osteuropas
Der anatomisch moderne Mensch wanderte vor rund 40.000 Jahren aus Afrika nach Europa ein und breitete sich dort aus. Während dies für Westeuropa relativ gut belegt ist, waren Hinweise einer frühen Besiedlung Osteuropas bisher vergleichsweise selten. „Die Fundstelle Buran-Kaya III erhöht nun die Anzahl der Relikte des frühen europäischen Homo sapiens aus der Zeit von vor 40.000 bis 29.000 Jahren beträchtlich“, sagen die Forscher.
Die Buran-Kaya-Höhlen liegen oberhalb des Flusses Burulcha auf der Krim. Die dort existierende ergiebige Fossillagerstätte wurde bereits vor mehr als 20 Jahren entdeckt. 2001 sind in Buran-Kaya III über 160 Menschenknochen zusammen mit Stein- und Knochenartefakten, Elfenbeinornamenten sowie Tier- und Pflanzenresten ausgegraben worden. Für ihre Studie haben die Wissenschaftler um Dorothée Drucker von der Universität Tübingen einige dieser Funde nun näher untersucht.
Direkte Datierung mittels Radiokarbonmethode
Die präzise Datierung eines menschlichen Schädelfragments mithilfe der Radiokarbonmethode ergab ein Alter von rund 31.900 Jahren. Die Radiokarbonmethode bestimmt den Todeszeitpunkt eines Lebewesens anhand des Zerfalls von radioaktiven 14C-Atomen. Pferdeknochen aus einer direkt benachbarten Schicht seien sogar 34.900 Jahre alt.
„Die neuen Ergebnisse sind nicht nur sehr wichtig für die Frage, wie sich der moderne Mensch während des Jungpaläolithikums in Europa ausgebreitet hat, sie liefern auch wichtige Erkenntnisse über seine kulturellen Gewohnheiten“, lautet das Fazit der Forscher.
(PLoS ONE / Universität Tübingen / dapd, 02.08.2011 – DLO)