Forscher haben eine ungewöhnliche, aber effektive Methode gegen resistente Krankhauskeime entwickelt: Sie bauten harmlose Darmbakterien genetisch so um, dass diese Jagd auf tödliche Keime der Art Pseudomonas aeruginosa machten. Sensoren und Waffen des manipulierten „Helfers“ konstruierten die Forscher dabei mit Hilfe gentechnischer Methoden komplett neu und pflanzten diese dann in die Darmbakterien als Träger ein. Im Laborversuch erwiesen sich diese künstlich erzeugten „Killerbakterien“ als extrem effektiv und wirksam gegenüber den resistenten Keimen.
Das Stäbchenbakterium der Art Pseudomonas aeruginosa gilt als einer der bedeutendsten Erreger von Krankenhausinfektionen. Bei immungeschwächten Menschen oder Patienten auf Intensivstationen befällt es Atemwege und Verdauungsorgane und löst von dort eine lebensbedrohliche Vergiftung des gesamten Körpers aus. Wie die meisten Krankenhauskeime sind auch viele Stämme von Pseudomonas inzwischen resistent gegen viele gängige Antibiotika. Oft können die Mediziner den betroffenen Patienten daher kaum noch helfen. Entsprechend dringend werden weltweit neue Möglichkeiten der Bekämpfung dieser Infektionen gesucht.
Am „Reißbrett“ entworfene Bio-Mechanismen
Um die resistenten Pseudomonas-Keime zu bekämpfen, gingen Wook Chang und seine Kollegen von der Nanyang Technological University in Singapur einen in diesem Zusammenhang noch kaum begangenen Weg: Sie setzten die Methoden und Prinzipien der synthetischen Biologie ein, um eine neue „Waffe“ gegen den Krankenhauskeim zu konstruieren. In der synthetischen Biologie werden genetische Bauteile biologischer Strukturen gezielt auf einen bestimmten Zweck hin zusammengesetzt.
In diesem Falle entwickelten die Forscher zunächst einen biologischen Sensor. Dieser erkennt die chemischen Botenstoffe, mit denen die Pseudomonas-Keime miteinander kommunizieren. Registriert der Sensor die Gegenwart dieser Keime, löst er einen weiteren künstlich erzeugten Mechanismus aus: Das Trägerbakterium produziert einen für Mikroben tödlichen Giftstoff und zerplatzt. Dadurch wird das Gift frei und die Krankenhauskeime in der Umgebung werden ebenfalls abgetötet.
Killerbakterien töten 99 Prozent der Keime
„Unsere veränderten Escherichia coli-Bakterien spürten die in Lösung schwimmenden Pseudomonas-Keime auf und töteten sie. Wir beobachteten eine Reduktion der lebensfähigen Zellen um 99 Prozent“, berichten die Forscher im Fachmagazin „Molecular Systems Biology“. Die bakteriellen Helfer verhinderten auch, dass sich neue Biofilme der Krankhauskeime bildeten. In solchen Biofilmen sind die Pseudomonas-Keime in eine schützende Schleimschicht eingebettet. Dadurch können sie sogar auf glatten Flächen, beispielsweise an medizinischem Gerät, länger überleben. Diese unsichtbaren Keimschichten gelten daher als die Hauptquelle von Krankenhausinfektionen. Die Laborversuche zeigten, dass auch solche Biofilme keinen Schutz vor den künstlich erzeugten „Killerbakterien“ bieten.
Noch seien aber weitere experimentelle Studien unter anderem in Form von Tierversuchen nötig, schreiben die Forscher um Matthew Wook Chang von der Nanyang Technological University in Singapur. Sinnvoll sei beispielsweise ein Test an Mäusen, die mit dem Krankenhauskeim infiziert wurden. Damit könne die Effizienz der manipulierten Bakterien auch im lebenden Organismus getestet werden. (Molecular Systems Biology, 2011; DOI: 10.1038/MSB.2011.55)
(Nature Group, 17.08.2011 – NPO)