Astronomen haben einen Stern entdeckt, der nach herkömmlichem astronomischen Verständnis gar nicht existieren dürfte. Denn der Stern besteht nahezu ausschließlich aus Wasserstoff und Helium und enthält nur winzige Spuren anderer Elemente. Mit dieser ungewöhnlichen chemischen Zusammensetzung fällt der Stern, der aus der Frühzeit des Universums stammt, in eine Art „verbotene Zone“ der gängigen Theorie der Sternentstehung, berichten Forscher im Fachmagazin „Nature“.
Kosmologen gehen davon aus, dass die beiden leichtesten chemischen Elemente Wasserstoff und Helium zusammen mit Spuren von Lithium bereits kurz nach dem Urknall entstanden sind. Nahezu alle anderen, schwereren Elemente sind erst viel später gebildet worden, entweder durch Fusionsprozesse im Inneren von Sternen oder bei Supernovaexplosionen am Ende eines Sternlebens. Aus dem mit schweren Elementen angereicherten interstellaren Material entsteht dann die nächste Sterngeneration. Sie enthält dann einen höheren Gehalt an schwereren Elementen als die Generation zuvor.
Der extrem lichtschwache Stern im Sternbild Leo trägt die sperrige Bezeichnung „SDSS J102915+172927“. Forscher entdeckten ihn im Rahmen des „Sloan Digital Sky Survey“ (SDSS), einem internationalen Projekt zur Durchmusterung bestimmter Bereiche des Himmels mit Hilfe von Spektrallinien. Der Stern hat eine etwas geringere Masse als die Sonne und ist vermutlich mehr als 13 Milliarden Jahre alt. Nach den Beobachtungen des europäischen Wissenschaftlerteams beinhaltet SDSS J102915+172927 im Vergleich zu allen bislang untersuchten Sternen den geringsten Anteil an chemischen Elementen, die schwerer als Helium sind. In der Astronomie werden diese schwereren Elemente auch als „Metalle“ bezeichnet.
Neuentdeckung ist möglicherweise ältester Stern überhaupt
„Der Anteil an Metallen verrät daher auch, wie alt ein Stern ist, oder besser gesagt, wieviele Sterngenerationen das Material, aus dem er besteht, bereits durchlaufen hat“, erläutert Elisabetta Caffau vom Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH). „Dass SDSS J102915+172927 so extrem metallarm ist, bedeutet, dass dieser Stern aus der Frühzeit des Universums stammen muss. Möglicherweise handelt es sich um einen der ältesten Sterne, der jemals gefunden wurde.“