Die Lebenswelt in den Tiefen der Ozeane ist akut durch die Tiefsee-Fischerei gefährdet. Fische und andere Tiere der Tiefsee seien der modernen Fischereitechnologie nicht gewachsen, warnt ein internationales Forscherteam jetzt im Fachmagazin „Marine Policy“. In ihrer Studie dokumentieren die Wissenschaftler den Kollaps vieler Tiefsee-Fischbestände weltweit, darunter einiger Haiarten und des Granatbarschs. Zwar stamme nur rund ein Prozent der weltweit verzehrten Meeresfrüchte aus dem tiefen Ozean. Vor allem das Fischen mit Grundschleppnetzen hinterlasse aber tiefgreifende und bleibende Schäden in den sensiblen Ökosystemen der Tiefsee, berichten die Wissenschaftler.
„Die Tiefsee ist der schlechteste Ort auf der Welt, um dort Fisch zu fangen“, konstatiert Studienleiter Elliott Norse vom Marine Conservation Institute in Bellevue, Washington. „Tiefsee-Fische sind besonders empfindlich, weil sie sich nicht so schnell wieder vermehren können, nachdem sie überfischt wurden.“ Viele Arten benötigten mehrere Jahrzehnte um fortpflanzungsreif zu werden.
Eine nachhaltige Fischerei sei daher in der Tiefsee mit wenigen Ausnahmen nicht möglich, mahnen die Forscher rund eine Woche vor Beginn der UN-Verhandlungen zum Thema Tiefsee-Fischerei am 15. September. „Anstatt das größte, aber sensibelste Ökosystem der Erde zu überfischen, sollten die Länder lieber Maßnahmen ergreifen, um die Bestände in den Küstengewässern wieder aufzubauen“, sagt Norse.
Granatbarsch-Bestände bereits kollabiert
Als ein Beispiel für bedrohte Fischarten zitieren die Forscher den Granatbarsch (Hoplostethus atlanticus), im englischsprachigen Raum auch als „Orange Roughy“ bekannt. Dieser bis zu 75 Zentimeter lange Tiefseefisch benötigt 30 Jahre um geschlechtsreif zu werden. Der meist im Umfeld von Tiefseekorallen lebende Fisch kann ein Alter von bis zu 125 Jahren erreichen. Verglichen mit Fischen in Küstennähe lebe der Granatbarsch wie in Zeitlupe, sagen die Forscher.