Forscher haben herausgefunden, warum das Immunsystem es manchmal nicht schafft, eingedrungene Bakterien vollständig zu beseitigen. So könnne sich beispielsweise Staphylokokken nach einer Infektion in unserem Körper einnisten und zu schwerwiegenden chronischen Erkrankungen führen. Jetzt zeigte sich. Die ständige Konfrontation mit den Bakterien führt dazu, dass ein wichtiger Typ von Abwehrzellen, die sogenannten T-Zellen, seine Arbeit einstellt. Die Zellen seien schlicht erschöpft und reagierten nicht mehr auf den Erreger, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „EMBO Molecular Medicine“.
Staphylokokken, allen voran der bekannte Stamm Staphylococcus aureus, gehören bei gesunden Menschen zur normalen Bakterien-Flora. Sie besiedeln unsere Haut, aber auch Körperhöhlen wie zum Beispiel die Nase und stellen in der Regel kein Problem für unsere Gesundheit dar. Gelangt S. aureus jedoch beispielsweise durch eine Wunde in den Körper, können schwere Komplikationen die Folge sein, die zu chronischen Infektionen der Lunge, des Herzens, der Knochen und Gelenke sowie anderer lebenswichtiger Organe führen. Antibiotika helfen in diesen Fällen meist nicht, die Bakterien verbleiben im Körper und führen zu immer wiederkehrenden Infektionen.
Bei Mäusen konnten Forscher des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) nun zeigen, dass am Anfang einer Infektion, in der sogenannten akuten Phase, die Immunantwort ganz normal anläuft: Abwehrzellen erkennen und bekämpfen den Erreger. „Nach zwei bis drei Wochen jedoch schwächt sich die Immunantwort ab, obwohl die Bakterien noch da sind“, erklärt Christina Ziegler, die die Immunreaktion im Rahmen ihrer Dissertation untersucht hat. Mit der Erschöpfung der T-Zellen und ihrer Unfähigkeit, die Bakterien zu bekämpfen, sei dann der Punkt erreicht, an dem die Infektion beginnt, chronisch zu werden.
Die Wissenschaftler untersuchten anschließend auf molekularer Ebene, warum die T-Zellen nicht mehr auf die Eindringlinge reagieren. Sie fanden heraus, dass die Weiterleitung von Signalen von Rezeptoren auf der Oberfläche der T-Zelle, die die Bakterien erkennen, in die Zelle gestört ist. „Wir glauben, dass die ständige Konfrontation der T-Zellen mit den Bakterien während der chronischen Infektion dazu führt, dass es zu einer Art Kurzschluss innerhalb der Zelle kommt“, so Ziegler.
„Abstumpfung“ der Abwehrzellen normalerweise nur bei Viruserkrankungen
Den Zustand, in den die T-Zellen geraten, bezeichnen Immunologen als ‚Anergie‘, das heißt ‚Unempfindlichkeit‘. „Normalerweise stellt die Anergie einen Schutzmechanismus des Immunsystems dar, der verhindern soll, dass die Abwehrzellen irrtümlich den eigenen Körper angreifen und Autoimmunkrankheiten entstehen“, erklärt Eva Medina, Leiterin der Arbeitsgruppe „Infektionsimmunologie“ am HZI. Dass T-Zellen auf eine Virus-Infektion mit Anergie reagieren sei zwar bekannt, bei bakteriellen Infektionen jedoch eher ungewöhnlich.
„Wir müssen nun verstehen, wie wir das Ausschalten der T-Zellen verhindern können, sodass sie bei der Staphylokokken-Infektion voll einsatzfähig sind“, fügt Eva Medina hinzu. „Dies wäre dann ein guter Ansatz, neue Immuntherapien für die Behandlung von Patienten zu entwickeln.“ (EMBO Mol Med. 2011; doi: 10.1002/emmm.201100173)
(Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, 14.09.2011 – NPO)