Im Laufe des Lebens erworbene Veränderungen der Genaktivität sind kurzlebiger als bisher angenommen. Sie können zwar an die Nachkommen weitergegeben werden, sind aber bei diesen wieder umkehrbar, berichten Forscher jetzt im Fachmagazin „Nature“. Die erste umfassende Kartierung solcher sogenannter epigenetischer Merkmale ergab, dass solche Veränderungen an der DNA zwar sehr häufig sind, im Laufe mehrerer Generationen aber oft wieder aufgehoben werden. Epigenetische Merkmale spielten daher möglicherweise eine geringere Rolle für die Evolution als bisher gedacht, sagen die Wissenschaftler.
Die Biologen um Studienleiter Claude Becker vom Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen hatten für ihre Kartierung zehn Linien der Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana untersucht, die alle von einem gemeinsamen Vorfahren abstammten. Die Linien waren über 30 Generationen hinweg per Selbstbefruchtung weitergezüchtet worden.
Verteilung von DNA-Blockaden in Laufe der Generationen
Im Fokus der Vergleichsanalyse standen dabei nicht Mutationen im DNA-Code, sondern die sogenannte Methylierung – die Verteilung kleiner, an die DNA angelagerter Moleküle. Diese chemischen Bausteine blockieren das Ablesen der unter ihnen liegenden Gene. Dieses Anlagerungsmuster kann durch äußere Faktoren verändert werden. Beim Menschen etwa wird angenommen, dass Einflüsse wie die Ernährung oder die Eltern-Kind-Bindung solche Spuren im Erbgut hinterlassen. Diese können an die Nachkommen weitergegeben werden und deren Gesundheit beeinflussen.
Die jetzige Studie zeige nun, dass die Weitergabe solcher Merkmale anders verlaufe als gedacht, sagen die Forscher. Innerhalb von 30 Generationen habe man 30.000 Veränderungen in dem Verteilungsmuster dieser Methylgruppen gefunden. Überraschenderweise sammelten sich diese Veränderungen jedoch nicht allmählich und gleichmäßig im Laufe der Generationen an.