Natürliche Methanquellen in der Tiefsee waren bisher nur als Lebensraum für einige, hoch spezialisierte Überlebenskünstler bekannt. Jetzt hat ein internationales Wissenschaftlerteam entdeckt, dass diesen Methanquellen auch eine wichtige Rolle als Kinderstube für Tiefsee-Raubfische und damit für die Biodiversität in der Tiefsee allgemein zukommt. Die entsprechende Studie ist in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Marine Ecology Progress Series“ erschienen.
Röhrenwürmer, riesige Bakterienkolonien, große weiße Muscheln und skurrile Kalksteinlandschaften – die Lebensgemeinschaften an natürlichen Methanquellen in der Tiefsee sind einzigartig und haben mit der übrigen Umwelt im Ozean auf den ersten Blick wenig zu tun. Ein Wissenschaftlerteam um die Geobiologin Professor Tina Treude vom Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) und den Paläontologen Steffen Kiel von der Universität Göttingen hat nun im Röhrenwurm-Dickicht von Methanquellen im Mittelmeer und im Ost-Pazifik tausende Eikapseln von Tiefseehaien und -rochen entdeckt. „Offensichtlich sind natürliche Methanquellen eine wichtige Kinderstube für Tiefsee-Raubfische“, sagt Treude.
Trächtige Haie an Methanquellen beobachtet
Hai- und Rochenarten, die Eier legen, befestigen ihre Eikapseln gerne an festen Strukturen, an denen sauerstoffreiches Wasser entlangströmt, wie zum Beispiel an Korallen oder an senkrechten Felshängen. Der Tiefseeboden besteht aber größtenteils aus feinem Schlamm. Feste Strukturen sind hier selten. Daher ist es eigentlich nicht überraschend, dass die Tiere auch Röhrenwurm-Dickichte und Kalksteinauswüchse an Methanquellen als Schutz für den Nachwuchs nutzen.

„Als wir im Herbst 2010 mit einem Videoschlitten den Meeresboden vor der Küste von Chile in bis zu 700 Metern Tiefe untersuchten, fanden wir zwischen Röhrenwürmern und Kalksteinblöcken gleich mehrere Generationen von riesigen Eikapseln, die von Tiefseerochen abgelegt wurden“, berichtet Treude. „Sogar ein trächtiges Rochenweibchen schwamm uns vor die Kamera des Videoschlittens.“ Ähnliche Bilder sah die Meeresforscherin, als sie während einer früheren Expedition im Mittelmeer unterwegs war. Die Eikapseln dort konnten eindeutig Katzenhaien zugeordnet werden.