Biotechnologie

Ethikrat: Mensch-Affe-Mischwesen sind unethisch

Herstellung von Chimären aber unter bestimmten Bedingungen vertretbar

Maus-Chimäre © Thomas Kolbe/ Vetmed Uni Wien

Der Deutsche Ethikrat hat seine Stellungnahme zu Mensch-Tier-Mischwesen in der Forschung vorgelegt. Das Beratergremium gibt unterschiedliche Empfehlungen für verschiedene Formen solcher Chimären ab. Man lehne die Schaffung von Mischwesen aus Mensch und Menschenaffe in jeder Form als ethisch fragwürdig und zu wenig erforscht ab, erklärt der Ethikrat. Das Einschleusen menschlicher Gene in andere Säugetiere oder die Schaffung von Tieren mit menschliche Organen solle jedoch unter bestimmten Bedingungen erlaubt sein.

Die Schaffung von Mäusen mit einzelnen oder mehreren menschlichen Genen als Modellorganismen zur Erforschung menschlicher Krankheiten ist bereits seit den 1980er-Jahren breit etabliert. Mittlerweile arbeiten die Forscher daran, nicht nur Gene, sondern ganze Chromosomen zu übertragen. Darüber hinaus werden unter anderem aus menschlichen Stammzellen gewonnene Nerven-Vorläuferzellen in das Gehirn von Versuchstieren, darunter auch Primaten, übertragen, um Krankheiten wie Alzheimer- Demenz und Morbus Parkinson zu erforschen und später vielleicht behandeln zu können.

Nach Ansicht des Ethikrates wird durch solche Experimente die biologische Artgrenze zwischen Mensch und Tier immer mehr infrage gestellt. Er sieht daher Klärungsbedarf, welche ethischen Herausforderungen mit der Herstellung von Mensch-Tier-Mischwesen verbunden und wo gegebenenfalls verbindliche Grenzen zu ziehen sind.

Keimzell-Chimären weiterhin verboten

In seiner Erklärung bekräftigte der Ethikrat die im Embryonenschutzgesetz festgelegten Verbote, nach denen menschliche Embryonen nicht auf ein Tier übertragen werden dürfen. Auch die Erzeugung von Chimären und Hybriden unter Verwendung menschlicher Embryonen oder menschlicher und tierischer Keimzellen sollen verboten bleiben. Untersagt werden sollen nach Meinung des Ethikrats auch eine Übertragung tierischer Embryonen auf den Menschen und die Einbringung tierischen Materials in den Erbgang des Menschen. Ebenfalls verboten werden sollen Verfahren, die zur Bildung menschlicher Ei- oder Samenzellen im Tier führen können.

Mäuse mit Menschenhirn unter bestimmten Bedingungen vertretbar

Unter bestimmten Bedingungen erlaubt bleiben soll dagegen die Erzeugung von Chimären bei nicht zu den Primaten gehörenden Säugetieren. Solche Forschungen seien ethisch statthaft, so das Gremium, wenn der medizinische Nutzen hoch sei und der Tierschutz beachtet werde. Demnach dürften Forscher weiterhin menschliche Gene in Mäuse oder andere Labortiere einschleusen und auch Tiere mit teilweise menschlichen Gehirnzellen oder Geweben erzeugen. Bei Primaten sollen solche Verfahren nur dann erlaubt werden, wenn es absolut keine Alternative gibt und dringende medizinische Gründe vorliegen, so der Ethikrat. Menschenaffen sind hiervon komplett ausgenommen, sie dürfen nicht zur Herstellung von Chimären oder Hybriden genutzt werden.

Uneinigkeit über „Zybride“

Ein geteiltes Votum gaben die Ratsmitglieder zu Verfahren ab, bei denen tierische Eizellen mit menschlichem Kern, sogenannte Zybriden erzeugt werden. Ein Teil des Gremiums vertritt die Auffassung, dass die Herstellung und Nutzung von Zybriden ethisch zulässig ist. Sie verweisen darauf, dass auch menschliche Embryonen unter bestimmten Voraussetzungen zu Forschungszwecken verwendet oder sogar dafür hergestellt werden dürfen. Außerdem stellten diese Zellen ein Artefakt dar, das weder als Mensch noch als Tier einzuordnen sei. Andere Mitglieder des Ethikrates halten die Herstellung und Nutzung von Zybriden dagegen für ethisch unzulässig, weil diese alle Eigenschaften einer menschlichen befruchteten Eizelle aufweisen. Sie fordern die Aufnahme eines gesetzlichen Verbots in das Embryonenschutzgesetz.

Einmütig sprach sich der Ethikrat allerdings gegen Verfahren aus, bei denen Zybriden in eine menschliche oder tierische Gebärmutter eingepflanzt werden. Solche Zybriden sollten zwar für Forschungszwecke erzeugt werden dürfen, nicht aber weiter ausgetragen werden. Das Embryonenschutzgesetz solle durch ein entsprechendes explizites Verbot ergänzt werden, empfiehlt das Gremium.

(Deutscher Ethikrat, 28.09.2011 – NPO)

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