Das Abwasser in unserer Kanalisation ist eine Brutstätte für Zehntausende, vielleicht sogar Millionen bisher unbekannter Viren. Hinweise darauf haben jetzt Forscher bei der Untersuchung von Abwässern in Nordamerika, Europa und Afrika entdeckt. Man habe darin genetische Signaturen von 234 bekannten Viren und mehr als 43.000 zuvor unbekannter Virenarten nachgewiesen, berichten die Forscher im Fachmagazin „mBio“. Das mache das unbehandelte Abwasser zum vielseitigsten Virenreservoir, das man jemals erkundet habe.
„Ich denke, dass dies gerade erst die Spitze des Eisbergs der tatsächlich vorhandenen Viren ist“, sagt Studienleiter James Pipas von der University of Pittsburgh. Man habe erst einen Teil der tatsächlich im Abwasser vorhandenen Gensignaturen zugeordnet und bereits diese ließen sich 51 verschiedenen Familien zuordnen. Er erwarte, dass bei weiteren Untersuchungen noch sehr viel mehr Viren gefunden würden.
Das sei wichtig auch für die menschliche Gesundheit, meinen die Forscher. Einige der bisher unbekannten Viren im Abwasser könnten sich im Laufe der Zeit zu Krankheitserregern entwickeln und so neue Krankheiten auslösen. Bisher seien die Wechselbeziehungen zwischen Viren, Mensch und Umwelt nur unvollständig erforscht – unter anderem, weil bisher nur ein Bruchteil der tatsächlichen Virenvielfalt bekannt sei.
Krankheitserreger von Mensch, Tier und Pflanzen entdeckt
Für ihre Studie suchten die Forscher gezielt nach speziellen Genbausteinen, die für Viren typisch sind. Anhand dieser Bausteine konnten sie 246 Viren identifizieren, die bereits aus anderen Zusammenhängen bekannt waren. So fanden sich 17 bekannte menschliche Krankheitserreger wie das Humane Papillomavirus (HPV), der Erreger des Gebärmutterhalskrebses, in den Proben. Auch den Erreger einer schweren Darmgrippe, das Norovirus, habe man entdeckt.