Pestizide sind offenbar ein größeres Problem für die Natur als bisher angenommen. Das geht aus einer Studie hervor, in der Daten zu 500 Chemikalien in den Einzugsgebieten von vier großen europäischen Flüssen ausgewertet wurden. Mehr als ein Drittel der Substanzen, darunter viele Pestizide, komme in Konzentrationen vor, bei denen Wirkungen auf die Lebewesen nicht auszuschließen seien. Das Ergebnis zeige klar, dass die Verschmutzung mit diesen Stoffen ein europaweites Problem sei, schreiben die Wissenschaftler im Fachmagazin „Science of the Total Environment“.
Eine Gefahr stelle der „Chemiecocktail“ unter anderem für Insektenlarven, Krebse oder Muscheln dar. Aber auch Fische und Algen wären betroffen. Die Chemikalien könnten unter anderem die Fortpflanzung verzögern, im schlimmsten Fall sei sogar der Tod einzelner Individuen möglich, sagen die Forscher. Über die Nahrungskette könnten die Substanzen zudem irgendwann sogar den Menschen erreichen.
Pestizide, Weichmacher und Arzneistoffe gefunden
Bei den meisten Risiko-Chemikalien, handele es sich um Pestizide aus der Landwirtschaft. Sie würden dort eingesetzt, um Kulturpflanzen wie Weizen oder Mais vor Krankheiten, Schädlingen oder Unkräutern zu schützen. Darüberhinaus seien Weichmacher wie Diethylhexylphthalat (DEHP) oder Bisphenol A (BPA) aus der Chemieproduktion in den Flüssen gefunden worden. Diese kämen zum Teil über Direkteinleitungen in die Gewässer und könnten beim Menschen die Fortpflanzungsfähigkeit beeinflussen. Auch Diclofenac und Ibuprofen, zwei Arzneistoffe, die häufig in Schmerzmitteln eingesetzt werden, seien häufig im Wasser zu finden.
Viele der identifizierten Risiko-Substanzen stünden nicht auf der europäischen Liste der 33 wichtigsten Schadstoffe, sagen die Wissenschaftler. Nur diese würden aber regelmäßig von den Behörden überwacht. Eine Überarbeitung und Aktualisierung dieser Chemikalienliste der EU-Wasserrahmenrichtlinie sei deshalb dringend erforderlich. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie sieht vor, Flüsse und Seen, aber auch das Grundwasser bis 2015 in einen guten ökologischen und chemischen Zustand zu bringen.