Im Permafrostboden der Arktis haben Forscher eine bisher unbekannte, Methan produzierende Mikrobenart entdeckt. Diese kann das starke Treibhausgas auch in gefrorenem Boden erzeugen. Taut dann der Boden auf, wird das Methan freigesetzt. „Die Häufigkeit dieses neuen Methanbakteriums deutet darauf hin, dass es für die Treibhausgas-Produktion im Permafrost eine wichtige Rolle spielt“, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature“. Sie hatten mit Hilfe von Genanalysen untersucht, welche Bakterien im Permafrost vorkommen und wie sich die Aktivität dieser Mikroben beim Auftauen verändert.
„Ein einziges Gramm Permafrostboden kann tausende von verschiedenen Bakterienarten und Milliarden von Zellen enthalten“, sagt Erstautorin Rachel Mackelsprang vom Joint Genome Institute in Walnut Creek. Doch die meisten dieser Mikroben seien bisher noch völlig unbekannt. Zum größten Teil sei es unmöglich, sie in Laborkulturen zu isolieren und zu züchten. Daher sei auch die Reaktion dieser Bodenbakterien auf die Erwärmung ihres Lebensraums kaum erforscht.
Schnelle Reaktion aufs Auftauen
Mit Hilfe der Genanalysen von Permafrost-Proben habe man nun nicht nur eine neue Bakterienart entdeckt und festgestellt, welche Stoffwechselprozesse im gefrorenen Boden ablaufen. „Unsere Analysen enthüllen auch zum ersten Mal die schnelle und dynamische Reaktion der Permafrost-Mikroben auf das Auftauen ihres Lebensraums“, sagen die Forscher. Besonders stark hätten sich dabei Gene verändert, die eine Rolle bei der Verarbeitung von Stickstoff und Kohlenstoff spielten. So nahmen Gene für die Stickstoffbindung beim Tauen ab. Das deute darauf hin, dass der Dauerfrostboden beim Erwärmen vermehrt das Treibhausgas Lachgas freisetzen könnte.
Nach Ansicht der Forscher bestätigt dies, dass die Reaktion der Bodenbakterien die Freisetzung von Treibhausgasen aus dem Permafrost beeinflusse. Ihr Verhalten müsse daher weiter erforscht und für Prognosen der zukünftigen Entwicklung einbezogen werden.
Dauerfrostboden speichert enorme Kohlenstoffmengen
In weiten Teilen der Arktis bleibt der Untergrund das ganze Jahr hindurch gefroren. Dieser Permafrostboden speichere geschätzte 1,67 Milliarden Tonnen Kohlenstoff in Form verschiedener organischer Verbindungen. „Dies entspricht der gesamten Menge Kohlenstoff, die zurzeit in allen Landpflanzen und der Atmosphäre zusammen enthalten ist“, schreiben die Wissenschaftler.
Im Zuge des Klimawandels steigen die Temperaturen in der Arktis jedoch immer weiter an, der Permafrost taut auf. In ihm zersetzen Bakterien die organischen Verbindungen und setzen dabei das Treibhausgas Kohlendioxid frei.
Bestandsaufnahme aller Gene im Boden
Für die Studie setzten die Forscher die sogenannte Metagenom-Analyse ein. Diese erfasst die Gesamtheit aller Mikrobengene und DNA-Bausteine in einer Probe, ohne zuvor einzelne Arten zu isolieren. Die Wissenschaftler untersuchten damit Permafrostproben aus Alaska sowohl im gefroren Zustand als auch nach dem Auftauen.
Fast 40 Milliarden verschiedene DNA-Bausteine habe man in den Proben gefunden, berichten die Forscher. Daraus könne man auf eine extreme Artenvielfalt der mikrobiellen Gemeinschaft im Permafrost schließen. Die Metagenomik enthülle aber auch, welche biochemischen Stoffwechselwege und Prozesse im Boden ablaufen, schreiben die Wissenschaftler.
„Mit Hilfe der Metagenomik können wir helfen zu klären, wie die bisher unerforschten Mikrobenarten im Permafrost den Kohlenstoff verarbeiten und wie viel Treibhausgas sie beim Tauen freisetzen“, sagt Studienleiterin Janet Jansson vom Lawrence Berkeley National Laboratory in Kalifornien. Das liefere wertvolle Informationen um die Modelle des Kohlenstoffkreislaufs und die Klimaprognosen zu verbessern. (Nature, 2011; DOI: 10.1038/nature10576)
(Nature / dapd, 07.11.2011 – NPO)