Schon vor Beginn messbarer Alzheimer-Symptome kann ein Scan des Gehirns verraten, wie Demenz-gefährdet ein Mensch ist. Sind bestimmte Bereiche der Hirnrinde kleiner als im Durchschnitt der Bevölkerung, deutet dies auf ein erhöhtes Risiko für eine bald einsetzende Alzheimer-Erkrankung hin. Das berichten US-amerikanische Forscher im Fachmagazin „Neurology“.
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Bei einer Alzheimer-Demenz sterben nach und nach immer mehr Zellen des Gehirns ab. Die Hirnbereiche, die für das Kurzzeitgedächtnis zuständig sind und Arale, in denen neue Informationen mit bereits Bekanntem verknüpft werden, sind meist besonders früh betroffen. Ihr Abbau beginnt oft bereits, bevor äußerliche Symptome spürbar werden.
Für ihre Studie haben die Wissenschaftler die Dicke dieser Gehirnareale bei 159 Freiwilligen mittels Magnetresonanztomografie (MRT) vermessen. Das Durchschnittsalter der Versuchspersonen lag bei 79 Jahren, alle waren zu diesem Zeitpunkt gesund und ohne Anzeichen für eine Demenz.
Hirnrinde deutlich dünner
Bei 19 Probanden sei die Hirnrinde in den gemessenen Bereichen deutlich dünner gewesen als im Durchschnitt, berichten Bradford Dickerson vom Massachusetts General Hospital in Boston und seine Kollegen. Von diesen Personen habe knapp ein Viertel in den folgenden drei Jahren erste Alzheimer-Symptome entwickelt. Bei den Teilnehmern mit normal dicker Hirnrinde seien es dagegen nur sieben Prozent gewesen, bei Probanden mit dickerer Hirnrinde als normal sei keiner erkrankt.
„Die Fähigkeit, Menschen mit einem höheren Risiko für geistigen Abbau bereits dann zu identifizieren, wenn sie noch keinerlei Gedächtnisprobleme oder andere Symptome zeigen, ist ein wichtiger Schritt hin zu neuen Möglichkeiten der Früherkennung von Alzheimer“, kommentiert Susan Resnick vom US-amerikanischen National Institute on Aging in Baltimore die Ergebnisse in einem Editorial. Denn gerade bei der Alzheimer-Demenz sei eine frühe Diagnose wichtig, um das Fortschreiten der Krankheit bremsen zu können.
Marker-Proteine bestätigen Ergebnis
Im Rahmen der Studie testeten die Forscher die geistigen Leistungen der Probanden über drei Jahre hinweg in regelmäßig wiederholten Tests. Außerdem entnahmen sie den Teilnehmern Proben der Rückenmarksflüssigkeit, um darin die Konzentration bestimmter Marker-Proteine zu analysieren. Bei Alzheimer-Patienten enthält die Rückenmarksflüssigkeit weniger solcher Beta-Amyloid-42-Proteine als bei Gesunden, weil sich diese Eiweißmoleküle stattdessen im Gehirn anreichern und dort zerstörerische Ablagerungen bilden.
Auch bei 60 Prozent der als besonders gefährdet eingestuften Probanden mit dünnerer Hirnrinde habe man diese Abweichungen entdeckt, berichten die Forscher. Das zeige, dass sich eine Demenzerkrankung anbahne oder schon im Gange sei – auch wenn die Betroffenen noch keinerlei Symptome wahrnahmen.
Weitere Forschung nötig
Die Kombination von MRT-Scans mit anderen Tests könne zukünftig helfen, Menschen mit einem besonders hohen Alzheimer-Risiko früher zu identifizieren, sagt Dickerson. Weitere Forschung sei nun nötig, um den besten Einsatz solcher Verfahren zu erproben. (Neurology, 2011)
(Neurology / dapd, 23.12.2011 – NPO)