Tiere und Menschen lernen am effektivsten portionsweise: Wenn sie neue Informationen in kurzen Einheiten trainieren, die immer wieder von Pausen unterbrochen sind. Warum das so ist, könnten jetzt US-amerikanische Forscher herausgefunden haben. Sie stellten in Simulationen und in Versuchen an Meeresschneckenfest, dass biochemische Abläufe im Gehirn den optimalen Lerntakt vorgeben. „Wenn man den zeitlichen Ablauf dieser biochemischen Kaskaden berücksichtigt, könnte dies dabei helfen, bessere Lerntechniken zu entwickeln“, schreiben die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature Neuroscience“.
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Wenn wir neue Informationen aufnehmen, schüttet das Gehirn zahlreiche Stoffe aus, die unter anderem die Aktivität bestimmter Gehirnzellen und ihre Verbindungen untereinander beeinflussen. Zwei dieser Substanzen und der Rhythmus ihrer Freisetzung spielen dabei eine besonders wichtige Rolle, wie die Forscher berichten.
Das Enzym Proteinkinase A (PKA) wird beim Lernen sehr schnell aktiviert, bleibt aber nur für rund 15 Minuten erhalten. Das zweite Enzym, ERK, reagiert dagegen deutlich langsamer und erreicht erst 45 Minuten nach Eingang einer neuen Information seine volle Wirkung.Die Forscher gingen bei ihrer Studie von der Annahme aus, dass der Lernerfolg immer dann besonders hoch ist, wenn beide Substanzen zur gleichen Zeit im Gehirn präsent sind.
In den Versuchen habe sich dies bestätigt, sagen Yili Zhang von der University of Texas und ihre Kollegen.“Wir haben festgestellt, dass ein Lernrhythmus, der zu einer maximalen Überlappung beider Enzyme führt, auch das Lernen begünstigt“, schreiben die Wissenschaftler.Ein Rhythmus mit ungleichmäßig langen Lernpausen habe sich dabei besonders bewährt.
Noch habe man diese Zusammenhänge nur für zwei Enzyme und an sehr einfachen Tieren getestet. Daher sei es nun wichtig, ähnliche Tests auch bei höheren Tieren durchzuführen, sagen die Forscher. Es sei aber gut möglich, dass auch das menschliche Lernen eines Tages von solchen biochemisch abgestimmten Programmen profitieren könnte.
Simulation ermittelt optimalen Ablauf
Für ihre Studie hatten die Forscher zuerst ein mathematisches Modell entwickelt, das den Rhythmus der Enzymausschüttung im Gehirn abbildet. In einer Simulation prüften sie anschließend, wie sich verschiedene Lernintervalle auf die Überlappungszeit beider Enzyme auswirkten. Dabei folgten jeweils fünfminütigen Lernphasen unterschiedlich lange Pausen.
In ergänzenden Versuchen testeten die Wissenschaftler diese Lernprotokolle auch am einfachen Nervensystem von Meeresschnecken.Diese gewöhnen sich bei wiederholter Reizung daran, ihre Atemöffnung einzuziehen. Der zugrundeliegende Lerneffekt wird durch einen Botenstoff ausgelöst und lässt sich sogar an isolierten Nervenzellen der Tiere nachweisen und testen.
Unterschiedlich lange Pausen am effektivsten
Sowohl in den Simulationen als auch bei den Experimenten sei ein Ablauf am effektivsten gewesen, bei dem die Lernphasen erst durch zwei zehnminütige Pausen, dann durch eine fünf und eine 30 Minuten lange Pause unterbrochen wurden, berichten Zhang und ihre Kollegen. Dieses Ergebnis stehe in starkem Kontrast zu den üblicherweise gebräuchlichen Lernabläufen mit festen Intervallen.
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass solche Modellierungen biochemischer Abläufe wichtig sein könnten, um zu verstehen, warum einige Trainingsabläufe effektiver sind als andere“, sagen die Forscher. Bisher beruhe die Entwicklung solcher Lernprogramme meist auf Versuch-und-Irrtum, weil die zugrundeliegenden Faktoren zu wenig erforscht seien. (Nature Neuroscience, 2011; doi: 10.1038/nn.2990)
(Nature, 30.12.2011 – NPO)