Eine extrem lange und deutlich ausgeprägte Grenze zwischen den Verbreitungsgebieten zweier tasmanischer Tausendfüßlerarten gibt Forschern Rätsel auf. 230 Kilometer lang und weniger als 100 Meter breit ist das Niemandsland zwischen den Territorien der beiden eng verwandten Arten. Warum die Tiere diese Grenze so strikt einhalten und wie sie einst zustande kam, sei bisher völlig ungeklärt. Noch nie zuvor habe man eine so lange und strenge Trennlinie zwischen zwei im gleichen Lebensraum lebenden Tierarten gefunden, berichtet ein australischer Biologe im Fachmagazin „Zookeys“.
„Auch die Grenzkontrollen sind offenbar deutlich besser als alles, was wir Menschen erreichen können“, sagtStudienautor Robert Mesibov vom Queen Victoria Museum in Launceston in Tasmanien. Jenseits der Grenze habe man so gut wie keine Vertreter der jeweils anderen Art gefunden.
Ursache für Grenze völlig unklar
„Ich habe keine Ahnung, warum diese Grenzlinie so scharf ist“, sagtMesibov. Die Grenze laufe Hügel hinauf und hinab, überquere Flüsse und verschiedenste Bodenarten. Sie ignoriere auch völlig die Art des Pflanzenbewuchses oder klimatische Unterschiede.
„Es scheint keine ökologische oder geografische Erklärung für diese seltsame Grenze oder irgendeinen Abschnitt davon zu geben“, meint der Forscher. Die Lage und scharfe Abgrenzung dieser Linie sei offenbar das Ergebnis eines bisher unerklärten biologischen Arrangements zwischen den beiden Tausendfüßler-Arten.
Eng verwandte Streuschichtbewohner kartiert
Für seine Studie kartierte Mesibov über zwei Jahre hinweg die Verbreitung der beiden Tausendfüßlerarten Tasmaniosoma compitale und Tasmaniosoma hickmanorum im Nordwesten Tasmaniens. Beide Arten sind knapp zwei Zentimeter groß und leben vorwiegend in der Streuschicht von Eukalyptuswäldern, aber auch von anderen Waldgebieten und Buschland.
Scharfe Grenzen zwischen den Verbreitungsgebieten zweier Tausendfüßlerarten oder anderer Tierarten gebe es häufiger, erklärt der Biologe. Aber diese verliefen in der Regel entlang klarer geografischer Einschnitte, wie beispielsweise entlang eines Berggrates oder eines Flusses. Auch klimatische Unterschiede, wie beispielsweise eine scharf abgegrenzte Zone mit besonders viel oder wenig Regen seien mögliche Auslöser für eine Abtrennung zweier Arten.
Aber im Falle der beiden tasmanischen Tausendfüßlerarten gebe es bisher keinerlei Hinweise auf solche äußeren Einflussfaktoren. Stattdessen kreuze die Linie sogar Niederschlagsgrenzen und mehrere geografische Landschaftsformen. Sie verlaufe vom Meeresspiegel bis in 700 Meter Höhe. Warum das so sei, wolle man nun in Folgestudien versuchen herauszufinden.(doi:10.3897/zookeys.156.1893)
(Queen Victoria Museum / ZooKeys, 30.12.2011 – NPO)