Das Nordmeer vor der Küste Alaskas und Kanadas enthält so viel Süßwasser wie seit 50 Jahren nicht mehr. Doch der Grund dafür sind nicht die schmelzenden Gletscher der Arktis, sondern eine ungewöhnliche Meeresströmung. Das haben US-amerikanische Forscher festgestellt. Die neu entdeckte Strömung transportiere Süßwasser aus den drei großen sibirischen Flüssen Lena, Ob und Jenissej durch das arktische Meer bis in die nordamerikanische Beaufortsee. Dadurch sei dieser Teil des Nordmeeres süßer geworden, das Meeresgebiet nördlich des Eurasischen Kontinents aber salziger, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature“.
Für ihre Studie hatten die Forscher Daten von Wetter- und Meeresbeobachtungssatelliten der Jahre 2003 bis 2008 ausgewertet und Wasserproben aus verschiedenen Meeresgebieten der Arktis auf ihren Salzgehalt hin analysiert. Dabei identifizierten sie die gegen den Uhrzeigersinn gerichtete Süßwasserströmung im Nordpolarmeer.
„Die Zunahme von Süßwasser auf der kanadischen Seite der Arktis in den letzten Jahren wird durch eine Umverteilung verursacht, insgesamt scheint es aber nicht mehr Süßwasser im Nordpolarmeer zu geben als früher“, schreiben James Morison von der University of Washington in Seattle und seine Kollegen.
Diese Erkenntnis sei wichtig, denn zu viel Süßwasser im arktischen Ozean könne den Mechanismus stören, der für den Austausch von warmem Wasser aus den Tropen mit kaltem Wasser der Polargebiete sorge, sagen die Forscher. Würden diese Strömungen nachlassen, hätte dies auch Folgen für das Klima Europas: Durch das Abschwächen des wärmenden Nordatlantikstroms würde es deutlich kälter werden. Doch den neuen Ergebnissen nach besteht diese Gefahr offenbar noch nicht.