Pflanzengemeinschaften in allen Gebirgsregionen Europas reagieren bereits stärker auf die anhaltende Klimaerwärmung als vermutet. In den Bereichen oberhalb der Baumgrenzen siedeln sich zunehmend wärmeliebende Arten aus tiefer gelegenen Gebieten an. Die Zahl der das raue Hochgebirgsklima angepassten Pflanzenarten geht dagegen zurück. Das hat jetzt die erste europaweite Langzeituntersuchung der Bergvegetation ergeben. „Die Daten aus 60 Gipfelregionen in ganz Europa zeigen, dass der Klimawandel nach und nach die Pflanzenwelt der Berge verändert“, berichtet das internationale Forscherteam im Fachmagazin „Nature Climate Change“.
Man habe erwartet, mehr wärmeliebende Pflanzen in großen Höhen zu finden, aber eine so deutliche Veränderung in einer so kurzen Zeit sei überraschend, sagt Erstautor Michael Gottfried von der Universität Wien. In einigen Gebieten könnten die für die Zone oberhalb der Baumgrenze typischen Bergwiesen bereits in den nächsten Dekaden verschwinden und von Büschen und Zwergbäumen aus unteren Hanglagen abgelöst werden.
17 Gebirgsregionen untersucht
Für ihre Studie hatten die Forscher auf den Bergen in jeder Himmelsrichtung jeweils eine quadratische Messfläche oberhalb der Baumgrenze abgesteckt. In dieser Fläche ermittelten sie im Jahr 2001 und dann erneut im Jahr 2008, welche Pflanzenarten dort wuchsen. In 16 der 17 Gebirgsregionen und auf 42 von 60 Berggipfeln seien die Anzeichen für einen Effekt der Erwärmung positiv gewesen, sagen die Wissenschaftler.
„Auf der Ebene des einzelnen Berges mag dieser Trend nicht offensichtlich sein, aber im größeren, kontinentalen Maßstab haben wir eine signifikante Zunahme von wärmeliebenden Arten festgestellt“, schreiben die Forscher. Dieser in weniger als einem Jahrzehnt stattgefundene Wandel bei Gebirgspflanzen auf dem gesamten Kontinent stelle eine schnelle Reaktion der Ökosysteme auf die anhaltende Klimaerwärmung dar.