Fraunhofer-Forscher haben einen leistungsfähigen Solarhelm für Ski- und Snowboardfahrer entwickelt. Mithilfe einer neuen Methode konnten die Solarzellen erstmals an die gekrümmte Form eines Helms angepasst werden, ohne dass dabei Robustheit und Leistung auf der Strecke bleiben.
Damit ist nach Angaben der Wissenschaftler der Grundstein für eine vollständige Deckung des Energiebedarfs von in den Helm integrierten Kommunikationsmodulen gelegt: Stereo-Kopfhörer oder Headsets können schon bald mit der Energie betrieben werden, die allein durch die Solarzellen auf der Oberfläche des Skihelms gewonnen wird.
Das Anschließen eines mobilen Gerätes wie Smartphone oder MP3-Player ist dabei kabellos über Bluetooth möglich. Mit dem dazugehörigen Bluetooth-Handschuh hat der Anwender direkten Zugriff auf eingehende Anrufe. Selbst der MP3-Player kann so bequem ferngesteuert werden, sodass das umständliche Ausziehen der Handschuhe bei Minusgraden endlich der Vergangenheit angehört. Der Nutzer erhält den Forschern zufolge so ein komplettes Kommunikationssystem, das ganz ohne lästige Kabel und nahezu ohne zusätzliches Gewicht direkt in die Skiausrüstung integriert ist.
Wie funktioniert’s?
Möglich wird die direkte Energieversorgung des Headsets erst über das neu entwickelte dreidimensionale Solarmodul des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM. Es sorgt für die vollständige Deckung des Energiebedarfs bei allen Wetterbedingungen. Dies funktioniert jedoch nur, wenn großflächige Solarzellen mit sehr hohem Wirkungsgrad – größer 20 Prozent – eingesetzt werden.
Die größte Herausforderung stellte daher die Anpassung des Solarmoduls an die gekrümmte Fläche des Skihelms dar. Bisher war es nur möglich, recht kleine Solarmodule auf unebenen Oberflächen zu integrieren. Auch mechanisch flexible, in Folienform erhältliche Solarmodule sind für diese Zwecke nicht geeignet, da sie zum einen nur in einer Richtung (zylindrisch) biegbar sind und meist auch einen Wirkungsgrad besitzen, der deutlich unter dem von starren Solarzellen liegt.
Das Fraunhofer IZM hat deshalb zusammen mit der Technischen Universität (TU) Berlin und der Firma TEXSYS eine neue Aufbau- und Verkapselungstechnologie entwickelt, bei der sehr hochwertige Solarzellen aus einkristallinem Silizium in sehr kleine Einzelchips segmentiert und an eine dreidimensionale, gekrümmte Form angepasst werden können. Das Bruchrisiko der Einzelzelle bei starker punktförmiger mechanischer Belastung wird dadurch ebenfalls stark reduziert. Darüber hinaus ist durch die redundante Auslegung der Solarzellen auch dann noch die einwandfreie Funktion gesichert, wenn eine einzelne Zelle ausfällt.
Viele Anwendungsmöglichkeiten
Die daraus resultierende sehr robuste Technologie kann in vielen exponierten Outdoor-Anwendungen ihren Einsatz finden, so die Forscher. Die Stromversorgung wurde als kompakte Einheit aus Solarmodul, Elektronik und Speicher entwickelt und kann leicht an andere Anwendungen mit gekrümmten Oberflächen angepasst werden, wie beispielsweise Rad- und Reithelme, Rucksäcke, Bestandteile der Kleidung, Karosserieteile und ähnliches. Auch ein nachträgliches Aufrüsten von gängigen Helmen ist mit dem Solarmodul möglich.
Ein Einsatz ist nach Angaben der Wissenschaftler überall da denkbar, wo Headsets im Helm schon jetzt zum Alltag gehören, etwa bei Motorradhelmen oder Helmen für Rettungskräfte. Auch der Betrieb eines Lüfters ist denkbar. Auf einem typischen Helm ist ein Modul mit einer Nennleistung von zwei Watt bequem integrierbar, was der Leistungsaufnahme eines Smartphones entspricht.
Viele Herausforderungen
Die niedrigen bzw. stark wechselnden Temperaturen des Anwendungsgebietes mussten bei der Entwicklung der Speichereinheit besonders berücksichtigt werden. Während sich die Leistung der Solarzellen bei tiefen Temperaturen sogar verbessert, nimmt die Leistung des Akkus signifikant ab. Bei Temperaturen unter 0°C ist das Aufladen des Akkus außerdem nur schlecht bis gar nicht möglich.
Hier greift die eigens entwickelte Mikrokontrollersteuerung, die das Laden des Akkus bei Kälte anpasst bis verhindert und die Funktionalität der Ladeelektronik im Temperaturbereich von -30°C bis +60°C gewährleistet. Eine Nutzung der integrierten Kommunikationsmodule ist jedoch auch dann lückenlos möglich, da die Energieversorgung in diesen Perioden bei ausreichendem Licht direkt über das Solarmodul erfolgt. Die Mikrokontrollersteuerung sorgt dafür, dass bei allen Bedingungen immer die maximale Leistung der Solarzelle nutzbar ist.
Ein Nachladen aus dem Stromnetz wird durch die Energieversorgung über das 3D-Solarmodul auf der Oberfläche des Skihelms nach Angaben der Forscher nahezu überflüssig. In Phasen der Nichtnutzung des Helms ist es außerdem möglich, Smartphone oder MP3-Player direkt über den Akku aufzuladen. Die Suche nach einer Steckdose gehört somit der Vergangenheit an und die Nutzung von Sonnenenergie schont gleichzeitig die Umwelt.
Prototyp bereits vorhanden
Derzeit liegt den Forschern zufolge bereits ein Prototyp des Solarhelms vor. Im nächsten Schritt sollen Feldtests und ein Redesign erfolgen, sodass der Solar-Skihelm zu einem Ladenpreis von rund 300 Euro bereits Ende dieses Jahres in Kleinserie erstmals auf den Markt kommt. Die auch einzeln erhältlichen Module werden je nach Spezifikation unter 100 Euro liegen, so die Forscher.
(Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM, 24.01.2012 – DLO)