Geowissen

Meer produziert ozonschädliche Stoffe

Halogenverbindungen steigen aus flachen Küstenbereichen auf

Ozonzerstörende Substanzen stammen nicht nur vom Menschen. Auch in den Küstenbereichen des tropischen Westpazifiks werden große Mengen an natürlichen Halogenverbindungen produziert, die die Ozonschicht in der Stratosphäre schädigen können. Das zeigen erste Ergebnisse einer Expedition Kieler Meeresforscher mit dem Forschungsschiff SONNE.

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Auch mehr als 20 Jahre nach Inkrafttreten des Montreal-Protokolls zum Schutz der Ozonschicht gibt es ein Ozonloch über der Antarktis und ein kleineres über der Arktis. Das liegt vor allem an der Langlebigkeit der von Menschen produzierten FCKW, die sich noch immer in der Stratosphäre befinden. Doch nicht alle Abbauvorgänge in der Ozonschicht können Atmosphärenforscher allein mit den von Menschen produzierten Gasen erklären.

Quelle ozonschädlicher Substanzen im Meer vermutet

Ein bisher wenig beachteter Faktor sind natürliche halogenhaltige Verbindungen, die ebenfalls Ozon in der Stratosphäre abbauen können. Vor allem Brom- und Jodverbindungen könnne beispielsweise im Ozean von Organismen und bei chemischen Prozessen gebildet werden. „Es gibt bisher aber nur wenige Messungen, die diese Quellen für ozonschädliche Substanzen im Meer wirklich belegen. Speziell im tropischen Westpazifik gab es bisher gar keine“, sagt die Meereschemikerin Birgit Quack vom GEOMAR | Helmholtz- Zentrum für Ozeanforschung Kiel.

Zusammen mit der Meteorologin Kirstin Krüger leitete die Forscherin vom 15. bis 29. November 2011 eine Expedition mit dem deutschen Forschungsschiff SONNE im Südchinesischen Meer, die mithelfen sollte, diese Datenlücke zu schließen. Die wissenschaftlichen Untersuchungen auf der SONNE wurden durch küstennahe Messungen von lokalen Schiffen aus vor der malayischen Halbinsel und vor Borneo sowie durch Messungen des DLR-Forschungsflugzeugs FALCON über Borneo und dem Südchinesischen Meer ergänzt. Zeitgleich wurden an Land weitere Feld- und Labormessungen durchgeführt.

Flache Schelfregionen als Halogenschleudern

Die Meeresforscher aus Kiel fanden während der Expedition ihre Vermutungen bestätigt: „Wir haben tatsächlich starke marine Quellen ozonschädigender Substanzen für die Atmosphäre nachgewiesen“, betont Quack. Erste Ergebnisse zeigen generell erhöhte Konzentrationen brom- und jodhaltiger Verbindungen im Wasser, die in den flachen Schelfregionen und nah den Küsten stellenweise besonders hoch sind.

Gelangen diese Substanzen vom Meerwasser in die Luft, können sie im Untersuchungsgebiet auch schnell in höhere Atmosphärenschichten transportiert werden. „Speziell über dem tropischen Westpazifik gibt es schnelle Aufwärtsströmungen. Meteorologen nennen das ‚hoch reichende Konvektion’. Sie gilt als effektiver Transportweg der marinen Spurengase in die Stratosphäre“, erklärt Krüger. Um diese Transportprozesse besser einschätzen zu können, war die FALCON auf Borneo stationiert und hat den Transport der Spurenstoffe durch die Atmosphäre verfolgt.

Die genaue Auswertung und Interpretation dieser Daten wird jetzt in den beteiligten Instituten mit umfangreichen Chemie-, Transport- und globalen Klimamodellen erfolgen. So soll die zukünftige Entwicklung der Ozonschicht unter dem Einfluss der menschengemachten Veränderung in den tropischen Ozeanen und in der Atmosphäre vorhergesagt werden. „Der Einfluss der von Menschen produzierten Ozon-Killer wie FCKW ist zwar derzeit noch weit größer. Aber man muss die natürlichen Quellen für ozonschädigende Gase berücksichtigen, will man zuverlässige Prognosen über die zukünftige Entwicklung der stratosphärischen Ozonschicht erstellen“, betont Krüger, die als Autorin auch am jüngsten Ozon Assessment der World Meteorological Organization (WMO) mitgearbeitet hat.

(GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, 02.02.2012 – NPO)

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