Klima

Globale Erwärmung ließ Urpferde schrumpfen

Temperaturveränderungen wirken sich auf Körpergröße von Tieren aus

Zeichnung des kleinen Urpferds Sifrhippus sandrae (rechts) Nase an Nase mit einem modernen Kaltblut. © Danielle Byerley / Florida Museum of Natural History

Der Klimawandel könnte die Körpergröße einiger Säugetiere zukünftig deutlich schrumpfen lassen – als Anpassung an steigende Temperaturen. Ähnliches geschah vor 56 Millionen Jahren mit einem Vorfahren der heutigen Pferde, wie US-amerikanische Forscher festgestellt haben: Anfänglich etwa hundegroß, schrumpfte das Urpferd Sifrhippus sandrae damals innerhalb von 130.000 Jahren um 30 Prozent auf nur noch Katzengröße. Diese Verkleinerung sei von einem zeitgleich stattfindenden Anstieg der Temperaturen ausgelöst worden. Als sich das Klima nach diesem sogenannten Paläozän-Eozän-Wärmemaximum wieder abkühlte, wuchs auch das Urpferd wieder – um gleich 76 Prozent, wie die Wissenschaftler im Fachmagazin „Science“ berichten.

Je kleiner ein Tier ist, desto größer ist seine Oberfläche im Verhältnis zu seinem Volumen. Dadurch kann es mehr Wärme über die Haut abgeben. Umgekehrt haben größere Tiere eine im Verhältnis kleinere Oberfläche und können so ihre Wärmeverluste besser minimieren. Deshalb sind Tierarten der polaren Breiten oft größer als ihre tropischen Verwandten. Ob aber auch Veränderungen des Klimas einen Größenwandel auslösen können, war bisher unklar.

„Schon länger ist bekannt, dass die Säugetiere während des Paläozän-Eozän-Wärmemaximums kleiner waren, aber wir waren nicht sicher, ob wirklich die Temperatur die Entwicklung der Körpergrößen beeinflusst hatte“, sagt Jonathan Bloch, Mitautor der Studie von der University of Florida. Anhand des Urpferdes habe man diesen Zusammenhang jetzt erstmals belegt.

Klimawandel könnte Tierarten schrumpfen lassen

Die Entwicklung des Urpferds zeigt nach Ansicht der Forscher auch, wie die heutige Tierwelt auf den aktuellen Klimawandel reagieren könnte. „Die Erwärmung vor rund 56 Millionen Jahren war ähnlich stark wie die von einigen Klimamodellen für das nächste Jahrhundert vorhergesagte“, schreiben die Wissenschaftler.

Allerdings habe sich der urzeitliche Klimawandel deutlich langsamer ereignet als der heutige. „Die Tiere hatten damals mehr Zeit, um ihre Körpergröße anzupassen. Daher ist es nicht klar, ob wir das gleiche auch in der nahen Zukunft sehen werden, aber es wäre durchaus möglich“, sagt Erstautor Ross Secord von der University of Florida. Bei Vögeln gebe es sogar schon erste Hinweise auf eine schrumpfende Körpergröße.

Forscher Jonathan Block von der University of Florida vergleicht den Oberkiefer des Urpferds Sifrhippus sandrae (vorne) mit dem eines modernen Pferdes. © Kristen Grace / Florida Museum of Natural History

Fossile Pferdezähne sorgten für Überraschungen

Wie die Forscher berichten, führten zwei anfangs voneinander unabhängige Untersuchungen zu ihrer Erkenntnis: Einer der Forscher, Stephen Chester, hatte fossile Zähne des Urpferds Sifrhippus vermessen, die in verschiedenen Gesteinsschichten im südlichen Bighorn Becken in Wyoming ausgegraben worden waren. Dabei entdeckte er, dass das Urpferd nicht, wie zuvor angenommen, gleichmäßig an Größe zunahm. Von anfänglich 5,6 Kilogramm schrumpfte Sifrhippus innerhalb von 130.000 Jahren auf nur noch 3,9 Kilogramm. Erst gegen Ende des Wärmemaximums nahmen die Urpferde wieder deutlich an Größe zu und erreichten sieben Kilogramm Körpergewicht.

Niederschläge und Vegetation spielten keine Rolle

Parallel dazu hatte Erstautor Secord die Pferdezähne geochemisch auf ihre Sauerstoff-Isotope hin analysiert. Aus dem Verhältnis dieser Atomsorten im Zahnschmelz lassen sich Rückschlüsse auf die Temperaturen zur Lebenszeit der fossilen Pferde ziehen. „Es war absolut erstaunlich“, sagt Bloch. „Wir schauten uns die Kurve an und stellten fest, dass die Temperaturen exakt den gleichen Verlauf zeigten wie die Körpergrößen der Urpferde.“ Andere Faktoren wie Niederschläge oder Vegetation hätten dagegen keine Übereinstimmung ergeben. Daher schließen die Forscher, dass das Klima die Haupttriebkraft hinter der Größenveränderung gewesen sein muss. (Science, 2012; doi: 10.1126/science.1213859)

(Science / dapd, 24.02.2012 – NPO)

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