Klima

Arktis: Dickstes Eis schwindet am schnellsten

Starke Schmelze von mehrjährigem Meereis macht Eiskappe noch anfälliger

Diese Grafik zeigt die deutlich verringerte Ausdehnung des mehrjährigen Meereises (weiß) im Winter 2012, saisonales, im Sommer abtauendes Meereis ist als hellgraue Fläche eingezeichnet. © NASA / Goddard Scientific Visualization Studio

Entgegen bisherigen Annahmen schwindet das älteste und dickste Meereis in der Arktis am schnellsten: In den vergangenen drei Jahrzehnten sind die mehrjährigen Eisflächen stärker geschrumpft als das junge Wintereis. Das zeigt eine Studie von Forschern der US-Raumfahrtbehörde NASA. Um 17,2 Prozent pro Dekade nehme die Fläche des mehrjährigen Eises ab. Eine so hohe Abtaurate gerade der dicken Anteile des Arktiseises führe zu einer Reduktion in der durchschnittlichen Eisdicke und mache die Eiskappe in Zukunft noch anfälliger gegenüber der Erwärmung, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Journal of Climate“.

„Die Dicke der arktischen Eisdecke nimmt rapide ab, weil es seinen stabilsten und dicksten Anteil verliert, das mehrjährige Eis“, erklärt Erstautor Josefino Comiso vom Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt. Gleichzeitig werde immer weniger neues Eis nachgebildet, weil die Saison mit ausreichend kalten Temperaturen immer kürzer werde.

„Es bräuchte jetzt einen über mehrere Jahre anhaltenden Kälteeinbruch, damit das mehrjährige Eis im Winter wieder dick genug wird, um die Sommer zu überstehen“, meint Comiso. Nur dann könne der Trend noch umgekehrt werden.

Meereis schrumpft nicht gleichmäßig

Im Herbst 2007 hatte das mehrjährige Meereis ein Rekordtief von 55 Prozent unter seinem langjährigen Mittel erreicht, in den drei folgenden Jahren erholte es sich jedoch leicht, wie der Wissenschaftler berichtet. Im Winter 2012 sank es erneut auf seinen bisher zweittiefsten Stand ab.

In ihrer Auswertung stieß der Forscher auch auf eine mögliche Erklärung dafür, warum das Meereis nicht gleichmäßig schnell schrumpft: „Wir sind auf einen acht- bis neunjährigen Zyklus der Eisentwicklung in den Daten gestoßen“, sagt Comiso. Im Rahmen dieses Zyklus wächst die Meereis-Ausdehnung zunächst ein paar Jahre an, um dann wieder zu sinken, bis der Zyklus erneut beginnt.

Möglicherweise mache sich hier der Einfluss einer periodisch wiederkehrenden Klimaschwankung, der Arktischen Oszillation bemerkbar, meint der Forscher. Das bedeutet aber keine Entwarnung. Denn diese Schwankungen überlagern nur die trotzdem rasante Abnahme des arktischen Meereises.

Diese Grafik zeigt die Ausdehnung des mehrjährigen Meereises (weiße Fläche) im Winter 1980, saisonales, im Sommer abtauendes Meereis ist als hellgraue Fläche eingezeichnet. © NASA / Goddard Scientific Visualization Studio

Zuverlässigste und längste Meereis-Chronik

Für ihre Studie hatten die Forscher Daten von Wettersatelliten ausgewertet, die zwischen 1979 und 2011 regelmäßig die Arktis überflogen und dabei Messungen zur Eisausdehnung durchgeführt hatten. Die aus diesen Daten erstellte Zeitreihe sei die zuverlässigste und längste bisher existierende, sagt der Forscher.

Die Daten ermöglichten die Unterscheidung zwischen mehrjährigem und saisonalem Eis, weil sich der Salzgehalt dieser beiden Eisarten unterscheidet: Junges, frisch gefrorenes Meereis enthält mehr Salz als älteres Eis. Der Unterschied im Salzgehalt beeinflusst den Anteil der Mikrowellenstrahlung, die das Eis reflektiert. In Aufnahmen mit einem Mikrowellen-Radiometer sind daher junges und mehrjähriges Eis deutlich an ihrer unterschiedlichen Helligkeit zu unterschieden. (Journal of Climate, 2012; doi: 10.1175/JCLI-D-11-00113.1)

(Journal of Climate / dapd, 02.03.2012 – NPO)

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