Sägefische nutzen ihre mit scharfen Zähnen besetzte Schnauze wie ein Schwert – und anders als bisher angenommen: Orten sie die elektrische Signatur eines Fisches, schlagen sie blitzschnell seitlich mit der Säge durch das Wasser und teilen nicht selten ihr Opfer dabei in zwei Teile. Das haben Forscher in Australien beobachtet. Einzigartig sei dabei die Doppelfunktion der Säge: Sie diene den bis sechseinhalb Meter langen Fischen sowohl als hochsensibler Beutesensor als auch als Tötungswerkzeug, berichten die Wissenschaftler in der Titelgeschichte des Fachmagazins „Current Biology“.
„Ich war überrascht, wie geschickt die Sägefische ihre Sägen einsetzen“, sagt Erstautorin Barbara Wueringer von der University of Queensland in Brisbane. Bisher sei nur wenig über das Fressverhalten und den Zweck der Säge bei diesen zu den Rochen gehörenden Raubfischen bekannt gewesen. Man nahm aber an, dass die Tiere ihre bezahnte Schnauze vor allem als Grabwerkzeug nutzen und damit kleinere Fische und Krebse aus dem Meeresgrund aufscheuchen. „Unsere Daten unterstützen diese landläufige Meinung aber nicht“, schreiben die Forscher.
Wenn der Sägefisch seine Säge über den Boden bewege, hat dies meist einen anderen Grund, wie die Forscher mittels Unterwasserkameras beobachteten: Hat er seine Beute erlegt, lässt sich der Sägefisch zu Boden sinken und streift dort die Beute mit gezielten Bewegungen von seiner Säge ab. Die Tiere nutzen ihre Säge dabei nicht selten auch, um sich ihre Beute so zurechtzulegen, dass sie sie in optimaler Lage – Kopf voran – verschlingen können.
Elektrosensoren in der Säge helfen beim Orten der Beute
Seine Beute scheucht der Sägefisch zudem keineswegs nach dem Zufallsprinzip auf, wie die Forscher berichten. Stattdessen ortet er mit tausenden winziger Elektrosensoren, die in der Säge sitzen. Bewegt sich ein Beutetier im Wasser, erzeugt es dabei elektrische Felder, die der Sägefisch registriert. Zusätzlich registriert der Fisch mit feinen Drucksensoren selbst feinste Wasserbewegungen. Beide Sinne helfen den Sägerochen bei ihrer Beutejagd in den schlammigen, trüben Wasserbereichen, die sie bevorzugen.
In ihren Experimenten hatten die Forscher die für Beutetiere typischen elektrischen Felder an verschiedenen Stellen eines Beckens künstlich erzeugt. „Die Sägefische wandten sich diesen Feldern meist mit einer einzigen, schnellen Körperwendung zu“, berichten die Wissenschaftler. Dann setzten sie mit schnellen seitlichen Kopfbewegungen ihre Säge ein, um die vermeintliche Beute zu töten. „Sie führen dabei mehrere Schläge pro Sekunde aus und spießen ihre Beute dabei auf den seitlichen Zähnen auf“, erklärt Wueringer.
Fischernetze werden Sägefischen zum Verhängnis
Möglicherweise sei es genau diese effektive Ortungs- und Jagdstrategie, die den vom Aussterben bedrohten Sägefischen zum Verhängnis werde, meinen die Forscher. Die Sägefische werden häufig getötet, weil sich ihre Säge in Fischernetzen verhakt. Die elektrischen Felder und Bewegungen der im Netz zappelnden Beutefische könnten den räuberischen Sägefisch anlocken und ihn dann zum Einsatz seiner Säge animieren, vermuten die Wissenschaftler.
„Wir hoffen, dass die bessere Kenntnis des Jagdverhaltens dieser Raubfische dazu beitragen kann, Techniken zum Schutz dieser Tiere zu entwickeln“, schreiben Wueringer und ihre Kollegen.
Sägefische leben vor allem in flachen Meeresbereichen des Westpazifiks und des Indischen Ozeans. Die Jungtiere halten sich auch häufig im Süßwasser von Flüssen und Seen auf, wandern dann aber als Erwachsene ins Meer. (Current Biology, 2012; doi: 10.1016/j.cub.2012.01.055)
(Current Biology / dapd, 06.03.2012 – NPO)