Der Anstieg des Meeresspiegels könnte für Natur und Lebensräume von Säugetieren mehr Folgen haben als angenommen. Denn durch die Überschwemmungen im Küstenbereich werden Millionen Menschen zum Umsiedeln gezwungen und verlagern dann auch ihre Siedlungen und Felder ins Landesinnere. Diese sekundären Effekte können in dichter besiedelten Regionen sogar zu höheren Verlusten an Lebensraum für Tiere und Pflanzen führen wie die Überschwemmungen selbst. Das berichten Forscher in der Fachzeitschrift „Global Change Biology“.
Aufgrund der globalen Erwärmung wird der Meeresspiegel voraussichtlich noch in diesem Jahrhundert weltweit um ein bis zwei Meter ansteigen. Studien, die die möglichen Folgen eines Meeresspiegelanstiegs für Menschen und für die Artenvielfalt global oder über große Regionen untersuchen, stecken jedoch noch in den Kinderschuhen. Während man angefangen hat, die direkten Folgen, die sogenannten primären Effekte, eines steigenden Meeresspiegels durch Überschwemmungen in den Küstenbereichen abzuschätzen, gibt es derzeit noch keine Studien über die möglichen sekundären Effekte, die aufgrund von Verlagerung von überschwemmtem Siedlungsgebiet und landwirtschaftlichen Flächen in andere Gebiete zustande kommen könnten.

Flucht vor Überschwemmungen
Florian Wetzel, Helmut Beissmann und Dustin Penn von der Veterinärmedizinischen Universität Wien haben mit Forschern um W. Daniel Kissling der Aarhus Universität in Dänemark nun das Potenzial solcher sekundärer Verlagerungen auf die Verfügbarkeit von Lebensraum und die Verteilung von Säugetieren ausgearbeitet. Die Forscher prüften die möglichen ökologischen Folgen des Meeresspiegelanstiegs auf Verfügbarkeit von Lebensraum für mehr als 1.200 Inseln im südostasiatischen und pazifischen Raum.
Die meisten Modelle gehen von einem Anstieg des Meeresspiegels um einen Meter in diesem Jahrhundert aus. Dies ist das gemäßigte Szenario, welches das Forscherteam in Erwägung zog. Zudem berechneten die Wissenschafter ihre Ergebnisse auch für durchaus mögliche Szenarien, in denen der Meeresspiegel um drei oder gar sechs Meter ansteigt. Sie berechneten zudem die möglichen Konsequenzen einer durch den Meeresspiegel-Anstieg hervorgerufenen Verdrängung von Menschen in Lebensräume ausgewählter Säugetierarten und die Folgen für deren Verteilung.