Gleich zwei neue Studien belegen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Antibiotika im frühen Kindesalter und späterem Übergewicht gibt. In der ersten konnte ein Forscherteam um den New Yorker Mikrobiologen Martin Blaser zeigen, dass Kinder im Alter von drei Jahren eher zu Übergewicht neigen, wenn sie schon vor ihrem sechsten Lebensmonat mit antimikrobiellen Medikamenten behandelt wurden. Eine mögliche Erklärung dafür liefert die zweite Untersuchung, ebenfalls unter Leitung von Blaser: Selbst geringe Dosen Antibiotika verändern die Darmflora und damit den Stoffwechsel junger Mäuse so drastisch, dass diese in ihrem späteren Leben deutlich mehr Fett einlagern als ihre unbehandelten Artgenossen. Der Zusammenhang erklärt außerdem, warum Antibiotika dabei helfen, Nutztiere zu mästen, schreibt das Team im Fachblatt „Nature“. Die andere Studie ist im „International Journal of Obesity“ erschienen.
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Schwerere Kinder nach Medikamenteneinnahme
Für ihre statistische Untersuchung werteten Blaser und sein Team die Daten von mehr als 11.000 Kindern aus, die in den Jahren 1991 und 1992 in Großbritannien geboren worden waren. Erfasst wurde, ob die Kleinen im Alter bis fünf Monate, zwischen sechs und 14 Monaten oder zwischen 15 und 23 Monaten mit Antibiotika behandelt worden waren. Zudem registrierten die Forscher die Körpermaße der Kinder zu verschiedenen Zeitpunkten ihres Lebens. Das Ergebnis: Hatten die Kleinen vor ihrem fünften Lebensmonat ein Antibiotikum bekommen, waren sie im Alter zwischen zehn Monaten und drei Jahren hatten ein um 22 Prozent erhöhtes Risiko für Übergewicht. Erfolgte die Medikamenteneinnahme später, ließ sich kein solcher Zusammenhang mehr nachweisen. Der Effekt sei zwar nicht besonders groß, statistisch aber eindeutig gewesen, kommentieren die Forscher. Allerdings zeigten die Ergebnisse nicht, dass Antibiotika Übergewicht verursachen, sondern nur, dass ein Zusammenhang besteht, betonen sie.
Wie dieser Zusammenhang zustande kommen könnte, zeigt die zweite Studie unter Blasers Leitung. Darin hatten er und seine Kollegen jungen Mäusen direkt nach der Entwöhnung verschiedene Antibiotikavarianten verabreicht, darunter die gängigen Wirkstoffe Penicillin, Tetracyclin und Vancomycin. Die Tiere bekamen jedoch nicht die Dosen, die für die Behandlung von Infektionen nötig sind, sondern sehr viel geringere Mengen, wie sie in den USA typischerweise in der Tierzucht eingesetzt werden. Anschließend beobachteten die Forscher, wie sich die Tiere im Vergleich zu einer unbehandelten Kontrollgruppe entwickelten. Auch hier zeigte sich recht schnell eine Folge der Medikamenteneinnahme: Bereits nach sieben Wochen hatten die mit den Antibiotika behandelten Tiere mehr Körperfett eingelagert als ihre unbehandelten Artgenossen, auch wenn ihr Körpergewicht zu diesem Zeitpunkt noch keine Auffälligkeit zeigte.