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Archäologie

Menschgemachte Ökokatastrophen gab es schon in der Bronzezeit

Raubbau im Alpenraum löste schon vor 3.500 Jahren Erdrutsche aus

Archäologen der Goethe-Universität Frankfurt bei Ausgrabungen am Bartholomäberg im österreichischen Vorarlberg. © Krause / Goethe-Universität Frankfurt

Schon in der Bronzezeit betrieben unsere Vorfahren Raubbau an der Natur – und lösten dadurch katastrophale Bergrutsche aus. Das zeigen Ausgrabungen im österreichischen Vorarlberg durch Archäologen der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Demnach veränderten die Bewohner dieser Alpenlandschaft bereits damals ihre Umwelt durch Bergbau und weiträumige Brandrodung. Ausgelöst durch die Erosion und fehlende Pflanzendecke rutschten vor 3.500 Jahren dadurch ganze Hänge ab und begruben vereinzelt sogar Siedlungen unter sich. „Wir können zweifelsfrei nachweisen, dass solche katastrophalen Ereignisse Folgen menschlichen Tuns waren“, erklärt Grabungsleiter Rüdiger Krause in einer Mitteilung der Universität. Selbst mit den begrenzten technischen Möglichkeiten ihrer Zeit hätten die Menschen der Bronze- und Eisenzeit ihre Umwelt bereits maximal ausgebeutet.

Die neuen Funde sind das Ergebnis der aktuellen Grabungskampagne am Bartholomäberg im österreichischen Vorarlberg. Auf dem großen, wenig bewaldeten Bergrücken lebten schon seit dritten Jahrtausend vor Christus Menschen. Ab dem zweiten und ersten Jahrtausend v.Chr. wurden am Bartholomäberg Eisen, Kupfer und Silber gewonnen. Gemeinsam mit Bodenkundlern und Botanikern haben die Archäologen nun die prähistorischen Siedlungsverhältnisse und die Umwelt der damaligen Zeit rekonstruiert.

Erzabbau machte Hänge instabil

Die Ergebnisse zeigen, dass damals zunehmend Alpweiden zugunsten der Erzgewinnung aufgegeben wurden. Seinen vorläufigen Höhepunkt erreichte der Raubbau an der Natur im ersten Jahrtausend vor Christus: „Im Bereich der Erzregion in Höhen zwischen 1.300 und 1.450 Metern kam es in Folge des fehlenden Pflanzenbewuchses zu starken Beeinträchtigungen der Hangstabilität“, erklärt Krause. Austretendes Wasser habe die Hänge abrutschen lassen und Muren ausgelöst. Das zu diesem Zeitpunkt erreichte Ausmaß an menschlicher Umweltzerstörung war nach Angaben der Archäologen extrem groß. Vergleichbare Umweltschäden habe der Mensch in dieser Region erst wieder 1.500 Jahre später, im Spätmittelalter, verursacht.

Bartholomäberg im österreichischen Vorarlberg © Anton-kurt / gemeinfrei

Durch den großen Erdrutsch vor 3.500 Jahren wurden nicht nur Siedlungen, sondern auch Viehweiden verschüttet, wie die Forscher berichten. Die Gefahr nachträglicher Rutschungen habe noch lange Zeit die Wiedernutzung dieser Flächen als Weideland verhindert. Die Menschen mussten daher für ihre Rinder neue Weidegründe in größerer Höhe finden. Die daraus resultierende Zweiteilung in Almwiesen und tiefer gelegene Siedlungen präge seitdem das Landschaftsbild vieler Alpenregionen.

Angesichts des Ausmaßes der bei den Grabungen sichtbar werdenden prähistorischen und bis in das Mittelalter anhaltende Naturzerstörung plädiert der Frankfurter Archäologe für einen behutsamen Umgang mit der Alpenlandschaft: „Die charakteristische Kulturlandschaft dieser Region ist aufgrund ihrer Beschaffenheit sensibler, als dies auf den ersten Blick sichtbar wird“, sagt Krause. Es sei eine Illusion zu glauben, diese erhalte sich in ihrer heutigen Form gleichsam von selbst. Ganz besonders müsse auf eine moderate Bewirtschaftung und auf einen sanften Tourismus geachtet werden, so der Forscher.

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(Goethe-Universität Frankfurt am Main, 19.09.2012 – NPO)

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