Ob sich jemand schnell einsam fühlt, zeigt auch ein Blick in dessen Gehirn: Bei Menschen, die dazu neigen, sich sozial isoliert zu fühlen, enthält eine kleine Region im linken Schläfenlappen weniger graue Zellen als normal. Das hat ein internationales Forscherteam bei Tests mit 108 Probanden festgestellt. Die betroffene Hirnregion sei unter anderem für die Wahrnehmung sozialer Signale verantwortlich. Sie steuere beispielsweise, ob und wie ein Mensch die Blicke anderer sehe und interpretiere, erklären die Wissenschaftler im Fachmagazin „Current Biology“.
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Wie sie in Verhaltensexperimenten herausfanden, hatten Probanden, die sich einsam fühlten und die weniger graue Materie in dieser Hirnregion besaßen, auch Schwierigkeiten, Blicke korrekt zu interpretieren. Einsamkeit werde demnach offenbar auch dadurch ausgelöst, dass die Betroffenen soziale Signale schlechter erkennen als andere Menschen, konstatieren Ryota Kanai vom University College London und seine Kollegen.
„Einsamkeit kommt in modernen Gesellschaften immer häufiger vor“, berichten die Forscher. Zunehmend erlebten Menschen das belastende Gefühl, isoliert zu sein und nicht in befriedigenden sozialen Beziehungen zu leben. Wie anfällig jemand für dieses Gefühl sei, variiere aber von Mensch zu Mensch stark. In gewissem Maße sei eine Neigung zur Einsamkeit sogar erblich. Welche neurologischen Faktoren diese Anfälligkeit beeinflussen, sei bisher kaum bekannt, erklären Kanai und seine Kollegen.