Ein internationales Forscherteam hat einen neuen Ansatzpunkt zur Behandlung der Multiplen Sklerose (MS) entdeckt: Blockierten sie bei Mäusen einen bestimmten Kanal in den Wänden von Nervenzellen, waren diese vor der fortschreitenden Zerstörung geschützt. Bliebe der als TRPM4 bezeichnete Kanal dagegen aktiv, gingen die vom eigenen Immunsystem der Mäuse angegriffenen Nervenzellen zugrunde, berichten die Forscher im Fachmagazin „Nature Medicine“.
„Die Deaktivierung des Ionenkanals bewirkt, dass die Nervenzellen überleben, auch wenn die Entzündung im Nervengewebe unverändert fortschreitet“, erklärt Studienleiter Manuel Friese vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Diese Erkenntnis könne der Ausgangspunkt sein für die Entwicklung neuer Medikamente gegen Multiple Sklerose und andere neurodegenerative Erkrankungen.
Den Tod der Nervenzellen haben die Forscher mit einem Medikament gestoppt, das bereits gegen Diabetes zugelassen ist. Da sich der Wirkstoff Glibenclamid bereits als sicher und gut verträglich erwiesen habe, könnte er bald bei MS-Patienten eingesetzt werden, um den Krankheitsverlauf zu bremsen, sagen Friese und seine Kollegen. In der Zwischenzeit könne man dann einen noch gezielter wirkenden TRPM4-Hemmstoff entwickeln.
Mögliche Hilfe auch gegen andere Nerven-Erkrankungen
„Unsere Studie zeigt: Eine pharmakologische Blockade des Ionenkanals ist prinzipiell möglich und könnte von therapeutischem Nutzen sein“, konstatiert Friese. Möglicherweise sei der TRPM4-Kanal nicht nur ein Ansatzpunkt für neue Medikamente gegen die Multiple Sklerose, sondern auch gegen andere fortschreitende Erkrankungen des Nervensystems wie Parkinson, Alzheimer oder die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Denn auch bei diesen Krankheiten könnte der Niedergang von Nervenzellen auf dem gleichen Mechanismus beruhen, mutmaßen die Forscher.