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Biotechnologie

Wein im Karton verliert Geschmack schneller

Wärme lässt das Getränkt in Pappverpackung schneller altern als in Glasflaschen

Weinflaschen © gemeinfrei

Wer sich beim Weinkauf für eine Kartonverpackung statt den Wein in der Glasfalsche entscheidet, sollte diesen unbedingt kühl lagern: In den sogenannten Bag-in-Box-Verpackungen altert Weißwein bei höheren Temperaturen nämlich deutlich schneller als in herkömmlichen Glasflaschen. Das zeigt jetzt die Studie eines kalifornischen Forscherteams, das verschiedene Behältersysteme bei drei unterschiedlichen Temperaturen miteinander verglichen hat, die jetzt im Fachmagazin „Journal of Agricultural and Food Chemistry“ veröffentlicht wurde.

Ergebnis: Bereits nach drei Monaten bei 40 und sogar bei 20 Grad Celsius hatten sich in kalifornischem Chardonnay deutlich mehr unangenehme Geschmacksnuancen gebildet, wenn er in einem der Kartons gelagert worden war. Bei zehn Grad waren dagegen nur geringe Unterschiede zwischen Flasche und Weinschlauch festzustellen, berichten Helene Hopfer und ihre Kollegen von der University of California in Davis.

Sogenannte Bag-in-Box-Verpackungen für Getränke werden seit einigen Jahren immer beliebter. Sie bestehen aus einem dünnen Beutel aus Plastik oder Aluminium, in den ein Zapfhahn eingelassen ist. Zur Stabilisierung ist das Ganze noch von einem festen Pappkarton umschlossen. Vor allem beim Konsum größerer Mengen erleichtern die gut stapelbaren und leichten Verpackungen Transport und Lagerung. Zudem gelten sie als ökologisch unbedenklicher als Glasflaschen mit Naturkorken, weil sie weniger wertvolle Ressourcen verbrauchen. Und zu guter Letzt kommen sie angeblich auch der Haltbarkeit eines Getränks zugute: Da aufgrund des Zapfsystems auch nach dem Öffnen nur sehr wenig Sauerstoff ins Innere des Kartons gelangt, verderben Wein und Fruchtsäfte nicht so schnell wie in herkömmlichen Flaschen.

Verschiedene Verpackungen und unterschiedliche Temperaturen

Wie sich die Kartons allerdings im Langzeitvergleich bei der Lagerung von Wein bewähren, sei bisher unklar, erläutern Hopfer und ihre Kollegen den Anlass für ihre Studie. Das gelte vor allem für die Frage, inwieweit unterschiedliche Temperaturen, wie sie beispielsweise beim Transport und bei der anschließenden Lagerung zu Hause oder im Geschäft auftreten, die Weinqualität beeinflussen. Die Forscher füllten daher kalifornischen Chardonnay zum einen in Glasflaschen mit verschiedenen Verschlüssen – Naturkorken, synthetische Korken und Schraubverschlüsse – und zum anderen in Bag-in-Box-Kartons ab. Anschließend lagerten sie die Proben drei Monate lang bei 10, 20 oder 40 Grad Celsius.

Nach dieser Zeit ließen die Wissenschaftler zwölf geübte Weintester die Qualität des Weins bewerten und führten zudem eine chemisch-physikalische Analyse durch. Das erste Fazit fiel sehr eindeutig aus: Eine Lagerung bei 40 Grad Celsius tut Wein in keinem Fall gut, egal in welcher Verpackung. Er verfärbt sich ins Bräunliche, die fruchtig-leichten Geschmacks- und Geruchsnoten gehen verloren, und er entwickelt unangenehme Aromen. Allerdings waren diese Alterserscheinungen in den Bag-in-Box-Proben weitaus stärker ausgeprägt als in den Flaschen, berichtet das Team. So nahm die Essignote deutlich zu, ebenso wie ein modrig-schwefeliger Geschmack und verschiedene Bitternoten. In dieser Verpackung verlor das Getränk zudem messbar an Alkoholgehalt, was beispielsweise das Gefühl im Mund stark beeinflusste.

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Selbst bei 20 Grad deutliche Einbußen nach drei Monaten

Wurde der Wein dagegen bei 20 Grad gelagert, war in den Glasflaschen kaum noch ein Unterschied zu den gekühlten Proben bei 10 Grad festzustellen, egal mit welchem Verschluss sie versehen waren. In den Kartons war jedoch auch bei dieser Temperatur die Alterung des Weins im Vergleich zur Lagerung bei 10 Grad stark beschleunigt worden. Woran das genau liegt, können die Forscher noch nicht sagen. Sie vermuten allerdings, dass einerseits mehr Sauerstoff durch die Verpackung dringt und die geschmackstragenden Komponenten im Wein oxidiert. Andererseits scheinen einige Geschmacksstoffe mit dem Kunststoffmaterial des Weinschlauchs zu reagieren und dabei zum Teil Substanzen zu bilden, die den Geschmack negativ beeinflussen.

Die Wissenschaftler empfehlen daher: Wer Weinschläuche kauft, sollte den Wein möglichst schnell verbrauchen. Ist das nicht möglich, sollte man unbedingt auf eine kühle Lagerung achten. Der größte Teil des kommerziell vertriebenen Weins sei ohnehin nicht auf lange Lagerzeiten ausgelegt, ergänzen sie: Etwa 90 Prozent seien für den Verzehr innerhalb eines Jahres gedacht, und weitere neun Prozent könnten maximal fünf Jahre gelagert werden (doi: 10.1021/jf302910f).

(Journal of Agricultural and Food Chemistry, 07.12.2012 – NPO)

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