Medizin

Alkoholismus-Enzym entdeckt

Neprilysin könnte künftig Therapieansatz für Alkoholismus darstellen

Rotwein © André Karwath / cc-by-2.5

Forscher haben bei Mäusen ein Enzym identifiziert, welches offenbar den Drang bei Stress Alkohol zu konsumieren maßgeblich beeinflusst. Hierzu hatten sie Tiere gezüchtet, die das unter Verdacht stehende Enzym Neprilysin nicht produzieren konnten. In Experimenten konnten sie dann zeigen, dass Mäuse ohne das Enzym nach induzierten Stresssituationen exzessiv Alkohol konsumierten. Die Wissenschaftler hoffen nun, wie sie im Fachmagazin PLOS ONE schreiben, dass das Enzym auch beim Menschen einen etwaigen Behandlungsansatz gegen Alkoholismus darstellt.

Menschen mit einer genetischen Veranlagung zu erhöhtem Alkoholkonsum neigen gerade unter Stress häufig zu einem exzessiven Missbrauch. „Alkoholismus gehört zu den verheerendsten Krankheiten, mit massiven Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit, das familiäre Umfeld sowie auf das gesamte Gesundheitssystem“, sagt Studienleiter Thomas Walther. Daher sei jeder noch so kleine Fortschritt bei der Behandlung ein großer Schritt für den Betroffenen und sein soziales Umfeld, begründet der Wissenschaftler sein Interesse an der Erforschung von Alkoholismus.

Die komplexe Erkrankung ist – seit längerem bekannt – beeinflusst von verschiedenen Genen und Umwelteinflüssen. Auch dass der individuelle Alkoholkonsum in Zusammenhang mit Enzymaktivitäten steht, wurde bereits vermutet. Um einen Nachweis hierfür zu bringen, züchteten die Wissenschaftler Mäuse, denen das Gen für das Enzym Neprilysin fehlt. Seine Rolle bei der Entstehung von Alzheimer und Fettleibigkeit konnte bereits zuvor nachgewiesen werden. In der aktuellen Studie konnte das Forscherteam nun zeigen, dass die Mäuse ohne das Enzym zudem stressanfälliger sind und sich unter Stress zu wahren Alkoholiker-Mäusen entwickeln.

Mäuse trinken bei Stress

Für ihre Untersuchung ließen sie die Tiere frei zwischen Flaschen mit Wasser und mit Alkohol wählen. Um Konkurrenzstress zu induzieren wurde dann ein fremdes Männchen für maximal 15 Minuten mit in den Versuchskäfig gesetzt. In dieser Situation fingen sie an, sich verstärkt dem Alkohol zuzuwenden. Die Intensität ihres Verhaltens war dabei im Verhältnis der eines Alkoholikers vergleichbar. Blieb es bei einer einmaligen Stresssituation, so normalisierte sich der Alkoholkonsum nach einigen Tagen wieder. Wurden sie dagegen ein weiteres Mal gestresst, tranken sie bis zum Abbruch des Experiments exzessiv Alkohol.

Die Forscher sind überzeugt, dass ihre Beobachtungen eindeutige Schlüsse über die genetische Veranlagung zum Alkoholismus zulassen. „Der Zusammenhang zwischen der Neprilysin-Aktivität und stressbedingtem Alkoholkonsum ist jetzt hergestellt“, sagt Walther. „Wir haben die Befunde sowohl in genetisch veränderten, als auch in pharmakologisch behandelten Tieren erhalten, was die Ergebnisse besonders stark macht.“ Die Studienergebnisse stimmten sie zudem optimistisch, was die Übertragbarkeit auf den Menschen angehe, so der Biochemiker.

Wäre dies der Fall, so könnten die Ergebnisse einen etwaigen neuen Therapieansatz bedeuten.

„Auch wenn es bis zur Anwendung beim Patienten noch ein weiter Weg ist, könnte bei Alkoholikern in Zukunft medikamentös auf den Proteinstoffwechsel eingewirkt werden“. So könne den Patienten mit einem einfachen Eingriff in den Stoffwechsel geholfen werden. Deshalb ist das Forschungsteam bereits auf der Suche nach Substanzen, die aktivierend auf Neprilysin wirken. Einen vielversprechenden Kandidaten wollen die Wissenschaftler dabei schon entdeckt haben.(doi: 10.1371)

(Plos ONE, 18.01.2013 – KBE)

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