Wer tief und ungestört den Winter verschläft, der altert langsamer – das gilt zumindest für Siebenschläfer. Denn das winterliche Energiesparprogramm der kleinen Säuger verlangsamt nicht nur ihre Körperfunktionen, es bremst auch das Schrumpfen der Telomere, wie Forscher im Fachmagazin „Biology Letters“ berichten. Diese Erbgutabschnitte an den Enden der Chromosomen werden bei jeder Zellteilung kürzer und gelten daher als wichtige Indikatoren für den Alterungsprozess.
Der Herzschlag verlangsamt sich, die Körpertemperatur wird heruntergefahren, und auch sonst läuft der Organismus auf Sparflamme: Im Winterschlaf herrschen im Körper eines Tieres völlig andere Bedingungen als während seiner aktiven Phasen im Sommer. Zudem haben kleine Nagetiere, die Winterschlaf halten, eine längere Lebensspanne als ähnlich große Nager, die auf die Ruhephase verzichten – das hatten bereits frühere Studien gezeigt. Das weckt die Vermutung, dass auch der Alterungsprozess bei Winterschläfern langsamer verläuft als bei anderen Tieren. Ob das wirklich so ist, haben nun Wissenschaftler um Thomas Ruf und Claudia Bieber von der Veterinärmedizinischen Universität Wien genauer untersucht.
Telomere als Alters-Anzeiger
Als Maß für das Alter gilt unter anderem die Länge der Telomere in den Körperzellen, jener fadenförmigen Enden der Chromosomen, die aus mehreren Wiederholungen immer der gleichen Bausteine bestehen. Sie wirken für das Erbgut wie eine Art Schutzkappe, denn bei jeder Zellteilung verkürzt sich der DNA-Faden eines Chromosoms um ein Stückchen. Solange dabei lediglich die Telomere an Länge einbüßen, ist das unproblematisch für die Zelle. Unterschreiten sie jedoch eine kritische Länge, würde bei der nächsten Zellteilung wichtige genetische Information verlorengehen – Zeit für die Zelle, zum Schutz ihrer Nachbarn und des Körpers ihr Selbstmordprogramm einzuleiten. Die Länge der Telomere kann also wie eine molekulare Uhr Auskunft über das Alter einer Zelle geben.
Genau auf diese molekulare Uhr konzentrierten sich jetzt auch die Wiener Wissenschaftler. Ihre Probanden waren 19 Siebenschläfer, die in einem Freigehege in der Nähe der Universität lebten. 12 der Tiere waren zu Studienbeginn nicht einmal ein Jahr alt und befanden sich noch im Wachstum. Die restlichen waren erwachsen und zwischen drei und sechs Jahren alt. Für ihre Studie entnahmen die Wissenschaftler bei jedem Siebenschläfer drei Gewebeproben aus dem Ohr: eine im September vor Beginn der über achtmonatigen Winterschlafphase, eine im Juni nach dem Winterschlaf und eine im August, also nach der aktivsten Zeit des Jahres, in der die Tiere intensiv auf Nahrungssuche gehen und auch ihre Jungen zur Welt bringen. Das Team verglich dann die Telomerlänge der verschiedenen Proben und rechnete aus, wie stark sich die Chromosomenenden pro Tag während der einzelnen Perioden verändert hatten.