Der Weichmacher Bisphenol A kann auch dort lauern, wo man ihn nicht erwartet, nämlich in Bio-Milchprodukten, frischem, ökologisch angebautem Gemüse und Bio-Gewürzen. Das zumindest zeigt eine Studie von US-Forschern. Sie hatten untersucht, ob eine Ernährung mit frisch zubereiteter Biokost die Belastung von Erwachsenen und Kindern durch den Weichmacher verringern kann. Das Ergebnis verblüffte selbst die Wissenschaftler. Denn nach fünf Tagen Biokost hatten die vermeintlich gesund ernährten Probanden bis zu hundertfach höhere BPA-Werte im Urin als im Durchschnitt der Bevölkerung üblich, wie die Forscher im Fachmagazin “ Journal of Exposure Science and Environmental Epidemiology“ berichten.
Weichmacher wie Phtalate und Bisphenol A (BPA) sind in unserem Alltag fast allgegenwärtig. Sie finden sich in Küchenutensilien aus Kunststoff, Plastikbehältern, Farben und auch als Beschichtung in Konservendosen, Getränkebehältern und bei Folienverpackungen. Schon seit längerem ist jedoch bekannt, das diese Chemikalie im Körper ähnlich wirkt wie das Geschlechtshormon Östrogen und damit zahlreiche hormonabhängige Prozesse beeinflussen kann. In Studien an Mäusen und Ratten störte BPA die Sexualentwicklung, „verweiblichte“ die männlichen Tiere und machte sie unfruchtbar. Es gibt aber auch Hinweise darauf, dass eine Exposition im Mutterleib die Gehirnentwicklung beeinflusst und bei Kindern Hyperaktivität, Angststörungen und Depressionen fördert.
Kann gesunde Ernährung die Belastung verringern?
Der Einsatz von Bisphenol A in Babyflaschen ist zwar in der EU verboten, in anderen Gegenständen aber weiterhin erlaubt. Für Lebensmittel gibt es allerdings Grenzwerte, die festlegen, wie viel von diesem Weichmacher ein Mensch im Laufe seines Lebens maximal täglich aufnehmen darf. Dieser Wert, der sogenannte „tolerable daily intake“ (TDI) liegt in der EU zurzeit bei 0,5 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Es ist allerdings umstritten, ob dieser Weg niedrig genug ist – und da Weichmacher nicht deklariert werden müssen, ist es für Verbraucher kaum möglich, belastete Produkte zu meiden. „Es ist extrem schwer, diesen Chemikalien aus dem Wege zu gehen, selbst wenn man es versucht“, erklärt Erstautorin Sheela Sathyanarayana von der University of Washington.
Sie und ihre Kollegen haben nun getestet, ob die Art der Ernährung dazu beitragen kann, die Belastung durch Bisphenol A zu minimieren. An ihrer Untersuchung nahmen zehn Familien mit Kindern teil, deren BPA-Werte im Urin zu Studienbeginn etwa denen des Bevölkerungsdurchschnitts entsprachen. Eine Hälfte der Familien bekam Tipps, wie man im Alltag die Weichmacherbelastung verringern kann, versorgte sich dann aber ohne weitere Betreuung selbst und kaufte ganz normal im Supermarkt ein. Die andere Hälfte bekam ihr Essen frei Haus, die Forscher ließen dafür eine mutmaßlich BPA-arme Kost aus frischen Bio-Lebensmitteln zubereiten. Nach fünf Tagen wurden erneut die Urinwerte aller Familienmitglieder gemessen – mit überraschenden Ergebnissen.