Warum sind Menschen in manchen Gebieten so besonders langlebig? Zumindest für eine dieser Inseln der Hundertjährigen könnte die Antwort ganz einfach sein: Es ist der Kaffee. Forscher haben herausgefunden, dass die fittesten Alten auf der griechischen Insel Ikaria besonders viel von dem typischen gebrühten Kaffee dieser Region trinken. Dieser Kaffee enthält besonders viele gesunde Inhaltsstoffe und wenig Koffein. Das wiederum könnte erklären, warum die Gefäßwände der Vieltrinker besonders gut in Schuss waren, berichten die Forscher im Fachmagazin „Vascular Medicine“.
Auf der griechischen Insel Ikaria leben so viele gesunde über 90-Jährige wie kaum irgendwo sonst auf der Welt. Während im europäischen Durchschnitt nur 0,1 Prozent ein solches Alter erreichen, sind es auf Ikaria ein Prozent – das Zehnfache. Und sie sind noch dazu besonders gesund – Arterienverkalkung und andere Herz-Kreislauf-Krankheiten finden sich bei ihnen kaum. Aber warum? Gerasimos Siasos von der Universität Athen und seine Kollegen wollten dies klären und haben einen auf den ersten Blick eher fernliegenden Faktor untersucht: den Kaffeekonsum der Bewohner. Doch in jüngster Zeit haben einige Studien erste Indizien dafür geliefert, dass bestimmte Inhaltsstoffe des Kaffees das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduzieren können.
Kaffeepulver und Wasser zusammen aufgebrüht
Wie in vielen Ländern am Mittelmeer üblich, trinken viele Bewohner der Insel ihren Kaffee auf die griechische Art: Sie kochen das Kaffeepulver zusammen mit Wasser mehrfach auf, bis der typische Mokka entsteht. Durch diese Zubereitungsart gehen besonders viele sekundäre Inhaltsstoffe aus den Bohnen in das Gebräu über: „Der griechische Mokka ist reich an Polyphenolen und Antioxidantien“, erklärt Siasos. „Dafür enthält er weniger Koffein als andere Kaffeezubereitungen.“ Ob sich dieser Kaffeegenuss auf die Gesundheit der Inselbewohner auswirkt, haben Siasos und seine Kollegen nun näher untersucht.
Dafür befragten sie 142 auf Ikaria lebende Senioren im Alter zwischen 66 und 91 Jahren zunächst nach ihrem täglichen Kaffeekonsum und untersuchten dann neben ihrem allgemeinen Gesundheitszustand auch mittels Ultraschall den Zustand ihrer Blutgefäßwände – ob sie Anzeichen für Entzündungen oder Anlagerungen zeigten und ob sich die Adern bei vermehrtem Blutdurchfluss erweiterten. 87 Prozent der Teilnehmer tranken täglich griechischen Mokka, die anderen bevorzugten andere Arten der Kaffeezubereitung.
Je mehr Mokka, desto gesündere Gefäße
Als die Forscher den Kaffeekonsum der Probanden mit dem Zustand ihrer Blutgefäße verglichen, zeigte sich ein deutlicher Zusammenhang: Je mehr griechischen Mokka die Teilnehmer tranken, desto freier und dehnbarer waren ihre Adern – dabei zeige sich ein linearer Zusammenhang, berichten die Wissenschaftler. Die Gefäße von Teilnehmern, die andere Kaffeearten bevorzugten, seien dagegen in schlechterem Zustand gewesen.
„Das liefert uns eine neue Verbindung zwischen der Ernährung – in diesem Falle einem Getränk – und der Gefäßgesundheit“, erklären Siasos und seine Kollegen. Noch müsse in weiteren Studien überprüft werden, auf welchen Mechanismen dieser Zusammenhang beruhe, betonen sie. Dennoch sei dies ein interessanter Ansatzpunkt – vor allem angesichts der Tatsache, dass Kaffee ein weltweit beliebtes und verbreitetes Getränkt sei. (Vascular Medicine, 2013; doi: 10.1177/1358863X13480258)
(SAGE Publications, 20.03.2013 – NPO)