Biologie

Schwarze Witwe: Auch Männchen sind Kannibalen

Älteren Spinnenweibchen droht der Tod noch vor der Paarung

Zwei Schwarze Witwen (Micaria sociabilis) vor der Paarung - einer von beiden wird es nicht überleben. © Lenka Sentenska

Von wegen männermordende Weibchen: Bei den Schwarzen Witwen können auch die Männchen zu Kannibalen werden. Begegnen sie älteren Weibchen, sind nicht sie das Opfer, sondern die Weibchen. Diese werden dann noch vor der Paarung verspeist, wie eine Studie tschechischer Forscher zeigt. Das Paarungssystem dieser Spinnen weiche damit vom gängigen Prinzip der sexuellen Selektion durch die Weibchen ab, erklären die Wissenschaftler im Fachmagazin „Behavioral Ecology and Sociobiology“.

Der Name der Schwarzen Witwe basiert auf dem weitverbreiteten Glauben, dass die Spinnenweibchen ihre männlichen Verehrer nach der Paarung meist auffressen. Diese Form des sexuellen Kannibalismus ist bei ihnen auch tatsächlich häufig. Ob es auch den umgekehrten Fall gibt – Männchen frisst Weibchen – haben nun Lenka Sentenska und Stano Pekar von der Masaryk University in der Tschechischen Republik im Experiment getestet. Für ihre Studie sammelten die Forscher über einen Zeitraum von zwei Jahren Spinnen der Gattung Micaria sociabilis und untersuchten ihr Verhalten, indem sie Männchen und Weibchen zu unterschiedlichen Zeitpunkten zusammenbrachten. Alle Spinnen wurden gut ernährt, um Kannibalismus aufgrund von Hunger auszuschließen.

Die Wissenschaftler beobachteten, was passierte, wenn sie junge ausgewachsene Spinnenmännchen mit einzelnen Spinnenweibchen entweder gleichen Alters oder mit ältere Weibchen paarten. Durch die Paarung von Männchen mit Weibchen unterschiedlicher Größe, unterschiedlichen Alters und Paarungsstatus erhofften sich die Wissenschaftler Aufschlüsse darüber, wann der umgekehrte Kannibalismus bei diesen Spinnen vorkommt und warum.

Tod noch vor der Paarung

Das Ergebnis: Trafen Männchen der im Sommer geborenen Generation auf ältere Weibchen, paarten sie sich nicht mit ihnen, sondern verspeisten sie noch bevor es dazu kam. Dabei machte es keinen Unterschied, ob sich die Weibchen zuvor schon einmal gepaart hatten oder jungfräulich waren. Bei gleichaltrigen Weibchen trat diese Form des umgekehrten Kannibalismus dagegen weitaus weniger häufig auf. Die Forscher interpretieren dieses Verhalten als eine Form der Partnerwahl seitens des Männchens: Ist ihm das Weibchen zu alt, frisst er sie statt sich zu paaren.

„Unsere Studie liefert Informationen über ein ungewöhnliches Paarungssystem, das erheblich vom allgemeinen Modell abweicht“, erklären Sentenska und Pekar. Entgegen gängiger Theorie geht die sexuelle Selektion bei diesen Spinnen offensichtlich nicht nur von den Weibchen aus. Auch Männchen können ihre potenziellen Partner auswählen und in einigen Fällen offensichtlich ihre Wahl genauso radikal treffen, wie die Weibchen, indem sie unerwünschte Partner auffressen. (Behavioral Ecology and Sociobiology, 2013; doi: 10.1007/s00265-013-1538-1)

(Springer / Behavioral Ecology and Sociobiology, 07.05.2013 – NPO)

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