Die ersten Zellen und Organismen entwickelten sich vor Milliarden von Jahren im Wasser. Wie dieses allerdings chemisch beschaffen war, das ist bisher nur in Teilen bekannt. Jetzt haben britische und kanadische Forscher ein einzigartiges Relikt dieser fernen Vergangenheit entdeckt: Bei Tiefbohrungen in Kanada stießen sie in 2,4 Kilometern Tiefe auf ein in Gesteinsritzen eingeschlossenes urzeitliches Wasserreservoir. Isoliert von der Außenwelt überdauerte die Flüssigkeit dort mehr als 1,5 Milliarden Jahre. Sie ist damit das älteste jemals entdeckte Wasser der Erde – und könnte vielleicht sogar alte Lebensformen enthalten, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten. Vielleicht, so hoffen sie, gibt es sogar auch auf dem Mars noch solche Relikte einer lebensfreundlicheren, nasseren Welt.
Die Erdkruste ist normalerweise ein eher unruhiger Ort: Die ständige Drift der Kontinente schiebt die Kruste an einigen Orten in die Höhe, drückt sie an anderen in die Tiefe. Dadurch öffnen sich Risse im Untergrund, Spalten entstehen und schließen sich wieder. Unter anderem deshalb nahm man bisher an, dass es in den Tiefen des Gesteins eigentlich keine Hohlräume geben kann, in denen Wasser über Milliarden Jahre ungestört überdauern konnte.
Uraltes Nass unter tiefen Minenschächten
Als das bisher älteste urzeitliche Nass galt ein Reservoir unter der Witwatersrand-Mine in Südafrika. „Isotope von Edelgasen in diesen tiefen Bruchspalten deuten darauf hin, dass das Wasser dort 25 Millionen Jahre alt ist“, erklären Greg Holland von der Lancaster University und seine Kollegen. In diesem urzeitlichen Wasser wurde sogar Leben gefunden – Mikroben, die ohne Licht nur auf Basis chemischer Reaktionen überdauern. Ob es aber noch ältere Reservoire gibt, war unklar – bis jetzt.
Am Anfang der neuen Entdeckung stand eine Tiefbohrung in der Timmins-Mine in der kanadischen Provinz Ontario. 2,4 Kilometer tief drang der Bohrer in das einst bei Vulkanausbrüchen abgelagerte Gestein vor, das reichhaltige Kupfer- und Zinkerze enthält. Aus Datierungen war bekannt, dass diese Gesteinsschichten aus dem Präkambrium stammen, aus der Zeit vor rund 2,7 Milliarden Jahren. Als aus dem Bohrloch plötzlich Wasser sprudelte, nahmen Holland und seine Kollegen Proben und analysierten dessen Zusammensetzung.
Edelgas-Isotope als Altersanzeiger
„Das Wasser war sehr reich an Wasserstoff, Methan, Stickstoff und verschiedenen Edelgasen, deshalb haben wir genauer untersucht, welche Isotope sich darin finden“, erklären die Forscher. Denn die Häufigkeit bestimmter Atomvarianten eines Elements kann Auskunft darüber geben, aus welcher Zeit die Probe stammt und wie lange sie schon von der Oberfläche isoliert ist. Tatsächlich wich die in den Wasserproben gemessene Isotopenverteilung für die Edelgase Neon, Argon und Xenon deutlich von der in „frischem“ Wasser ab.
Die Werte deuten darauf hin, dass diese Edelgase mitsamt dem Wasser schon seit mindestens 1,5 Milliarden Jahren im Untergrund isoliert sein müssen, wie die Forscher berichten. Es sei nicht auszuschließen, dass das Wasser sogar noch deutlich älter sei. „Das zeigt, dass Taschen von urzeitlichem Wasser über Milliarden von Jahren in der Kruste isoliert erhalten bleiben können“, konstatieren Holland und seine Kollegen.
Gibt es in diesem Wasser noch Leben?
Das aber könnte bedeuten, dass es in diesen urzeitlichen Reservoiren möglicherweise sogar noch Spuren alten Lebens gibt. Immerhin enthält das Wasser dort reichlich Wasserstoff und Methan und damit chemische Komponenten, aus der Mikroben auch ohne Licht Energie gewinnen können. In dem 25 Millionen Jahre alten Wasser der südafrikanischen Mine habe man auch noch Bakterien gefunden, so die Forscher. Ob allerdings auch das sehr viel ältere kanadische Reservoir urzeitliche Lebensformen beherbergt, ist noch nicht bekannt. „Unsere kanadischen Kollegen versuchen gerade, das herauszufinden“, erklärt Holland.
Aber klar sei jetzt bereits, dass es im Untergrund von Planeten wie der Erde oder dem Mars Lebensräume gebe, in denen einfache Organismen für lange Zeit überdauern können. „Und das unabhängig davon, wie lebensfeindlich die Oberfläche des Planeten ist“, sagt der Forscher. Seiner Ansicht nach ist es daher durchaus möglich, dass auch im Untergrund des Mars noch Reste des einst auf der Oberfläche reichlich vorhandenen Wassers existieren – und mit ihnen vielleicht sogar marsianische Lebensformen. (Nature, 2013; doi: 10.1038/nature12127)
(Nature, 16.05.2013 – NPO)