Dass übergewichtige Eltern häufig auch dicke Kinder haben, ist nicht neu. Denn neben einer falschen Ernährung spielt auch die Veranlagung eine wichtige Rolle für das Körpergewicht. Dafür allerdings sind oft nicht die Gene selbst verantwortlich, sondern Anlagerungen am Erbgut, die die Genaktivität beeinflussen. Jetzt haben US-Forscher festgestellt, dass diese sogenannten epigenetischen Faktoren im punkto Übergewicht offenbar geschlechtsspezifisch sein können – bei Mäusen, möglicherweise aber auch beim Menschen. Paarten sie dicke Mäuse-Männchen mit schlanken Weibchen, wurden nur die Söhne der beiden dick, die Töchter blieben schlank.
Im Jahr 2003 sorgte ein Experiment mit Mäusen weltweit für Aufsehen. Denn es zeigte erstmals, dass auch erworbene Eigenschaften – und im speziellen die Neigung zu Übergewicht – vererbt werden können. Wurden dicke Mausemütter mit einer speziellen Diät gefüttert, bekamen sie statt dicker Kinder ganz schlanken Nachwuchs. Das Besondere daran: Der Grund waren nicht veränderte Gene, beispielsweise durch Mutationen. Stattdessen belegten die Analysen der Forscher damals eindeutig, dass sich kleine chemische Anlagerungen am Erbgut der Mäuse durch die Diät verändert hatten. Wo diese Anlagerungen an der DNA sitzen, kann die Zellmaschinerie die darunterliegenden Gene nicht mehr ablesen – ihre Aktivität ist blockiert.
Das Muster dieser sogenannten epigenetischen Faktoren kann sich durch Umwelteinflüsse und die Ernährung verändern. Diese Änderungen wiederum werden auch an die Nachkommen weitergegeben. Dieses Epigenom bildet damit quasi einen zweiten Code, der unsere genetische Veranlagung bestimmt. Inwieweit dieser zweite Code geschlechtsspezifisch vererbt wird, haben Felicia Nowak von der Ohio University und ihre Kollegen in ihrer Studie an Mäusen getestet. Über die Ergebnisse berichteten sie auf der Jahrestagung der Endokrinologischen Gesellschaft der USA.
Übergewicht nur bei den Söhnen
Sie fütterten dafür zunächst männliche Mäuse 13 Wochen lang mit einer sehr fett- und kohlehydratreichen Kost. Als Folge entwickelten diese deutliches Übergewicht. Dann durften sich diese Mäusemänner paaren – mit normal schlanken, fettarm ernährten Weibchen. Als die Weibchen Nachwuchs bekamen, beobachteten die Forscher deren Entwicklung und prüften regelmäßig Größe und Gewicht der Tiere. Alle bekamen in dieser Zeitphase normales, eher fettarmes Futter.
Das Ergebnis: „Wir haben gleich mehrere Auffälligkeiten im Stoffwechsel und Verhalten der Nachkommen identifiziert, die von der Ernährung der Väter abhängig sind“, erklärt Nowak. Das Besondere daran: Die weiblichen Nachkommen der dicken Väter entwickelten sich völlig normal. Sie blieben schlank und wiesen auch sonst keine Verhaltensauffälligkeiten auf, wie die Forscher berichten. Anders dagegen die männlichen Mäusekinder: Bereits im Alter von sechs Wochen wogen sie deutlich mehr als ihre Schwestern. Als sie erwachsen wurden, entwickelten sie trotz einer normalen, fettarmen Ernährung deutliches Übergewicht.
Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern dicker Väter
Nähere Untersuchungen enthüllten, dass zudem auch ihr Körperfett anders zusammengesetzt war als das ihrer Schwestern oder das von schlanken männlichen Kontrollmäusen. Und noch etwas Überraschendes bemerkten die Forscher: Alle Nachkommen der dicken Väter verhielten sich auffällig hyperaktiv und rannten viel mehr umher. Noch haben Nowak und ihre Kollegen für dieses scheinbar paradoxe Ergebnis – Übergewicht trotz mehr Bewegung – keine Erklärung.
Sie wollen nun genauer bestimmen, welche epigenetischen Veränderungen für diese Auffälligkeiten verantwortlich sind. Ihrer Ansicht nach können ihre Ergebnisse dazu beitragen aufzuklären, wie sich auch beim Menschen Übergewicht der Eltern auf die Kinder auswirkt – und wie die Nachkommen dicker Väter möglicherweise gegensteuern können. ( ENDO 2013: The Endocrine Society’s Annual Meeting )
(The Endocrine Society, 17.06.2013 – NPO)