Hunger macht reizbar, schlecht gelaunt – und risikofreudiger. Das zeigen Studien an Menschen und Tieren. Warum das so ist, haben deutsche Forscher nun an der Fruchtfliege herausgefunden: Bei Hunger ändern sich die Signalwege, mit denen das Gehirn Sinnesreize auswertet. Eine Direktleitung zur Fluchtreaktion, die normalerweise in potenziell gefährlichen Situationen anspringt, ist dann gehemmt, so die Forscher im Fachmagazin „Current Biology“.
Ob und wie viel Nahrung vorhanden ist, beeinflusst entscheidend das Verhalten von Tieren. Studien belegen, dass die Risikobereitschaft vieler Tiere steigt oder sinkt, je nachdem ob ein Tier satt oder hungrig ist. So wird zum Beispiel gefährlichere Beute nur dann gejagt, wenn der Jäger kurz vor dem Verhungern steht. In den letzten Jahren wurde dieses Verhalten auch beim Menschen dokumentiert: In einer Studie gingen hungrige Probanden deutlich mehr finanzielle Risiken ein als ihre satten Kollegen.
Kohlendioxid als Gefahrensignal
Selbst die Fruchtfliege Drosophila verändert ihr Verhalten je nach ihrem Ernährungszustand. So empfinden die Tiere meist schon geringe Mengen Kohlendioxid als Gefahrensignal und ergreifen die Flucht. Allerdings geben auch verrottende Früchte und Pflanzenteile – die Hauptfutterquellen der Fliegen – Kohlendioxid ab. Nun haben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Neurobiologie in Martinsried herausgefunden, wie das Fliegenhirn mit dieser ständigen Konfliktentscheidung zwischen Gefahrstoff und Futtergeruch umgeht.
In verschiedenen Experimenten präsentierten die Wissenschaftler den Fliegen Umgebungen mit Kohlendioxid oder mit einem Kohlendioxid-Futterduft-Gemisch. Dabei zeigte sich, dass hungrige Fliegen ihre Kohlendioxid-Abneigung deutlich schneller überwanden als satte Fliegen – wenn gleichzeitig ein Futterduft vorhanden war. Besteht die Aussicht auf Futter, sind hungrige Tiere somit wesentlich risikofreudiger als satte Fliegen. Doch wie schafft es das Gehirn zwischen diesen Optionen zu wählen?