Astronomen haben rätselhafte Radioblitze aus dem Weltraum eingefangen. Diese Radioblitze sind nur Millisekunden lang und kommen aus einem Teil des Kosmos, der Milliarden Lichtjahre von uns entfernt liegt. Die genaue Ursache dieser Radiopulse ist noch unklar, die Forscher vermuten, dass ferne Neutronensterne mit besonders starken Magnetfeldern sie aussenden – und dass alle zehn Sekunden irgendwo am Himmel ein solcher Blitz auftritt. Wegen ihrer extrem kurzen Dauer wurden sie aber bisher übersehen, so die Astronomen im Fachmagazin „Science“.
Sie halten nur wenige Millisekunden an und kommen offenbar von sehr weit her: Astronomen fangen schon seit geraumer Zeit immer wieder einmal ultrakurze Radiopulse ein. „Als vor sechs Jahren zum ersten Mal ein solcher Strahlungsausbruch im Radiobereich beobachtet wurde, wusste keiner, was das war, oder ob es sich überhaupt um ein kosmisches Signal handelte“, sagt Dan Thornton, Doktorand an der Universität Manchester und der Forschungsorganisation CSIRO im australischen Sydney. Er und seine Kollegen haben daher in den vergangenen vier Jahren gezielt nach weiteren kurzen Radioblitzen gesucht.
Zehnfach kürzer als ein Blinzeln
Mit dem 64-Meter-Radioteleskop von CSIRO bei Parkes in Australien wurden sie fündig: In einem kleinen Ausschnitt des Südhimmels registrierte das Teleskop vier kurzzeitige Radiostrahlungsausbrüche (Fast Radio Bursts, FRBs). Damit sei jeder Zweifel an der Echtheit dieses Phänomens ausgeräumt, so die Forscher. Auch schließen die Beobachtungen endgültig jede irdische Quelle für die Blitze aus. Bei dem am weitesten entfernten Blitz benötigten die Radiowellen etwa acht Milliarden Jahre bis zu uns.
Die Wissenschaftler vermuten, dass sich irgendwo am Firmament alle zehn Sekunden ein derartiges Ereignis abspielen könnte. „Die Strahlungsausbrüche sind zehnfach kürzer als ein Blinzeln mit unseren Augen“, erklärt Michael Kramer, Direktor am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn. Mit den gegenwärtigen Teleskopen müsse man schon Glück haben, zur richtigen Zeit in die richtige Richtung am Himmel zu blicken. „Sobald wir den gesamten Himmel simultan mit Radioaugen erfassen können, werden wir jeden Tag neue Radioblitze finden“, so der Forscher.
Magnetare als Quelle der Blitze?
Die extrem kurze Zeitdauer und die große Entfernung lassen darauf schließen, dass diese Ausbrüche von sehr energiereichen Ereignissen in kosmologischer Distanz stammen. Offenbar sind riesige Mengen an Masse oder Energie im Spiel. Die Astronomen konnten aber bisher weder im Röntgenlicht noch im Gammastrahlen-Bereich einen korrespondierenden Blitz finden. Es sei daher unwahrscheinlich, dass diese Radioblitze Begleiterscheinungen von Gammastrahlenausbrüchen sind.
An ehesten lassen sich diese Strahlungsblitze ihrer Ansicht nach auf heftige Explosionen bei Neutronensternen mit starken Magnetfeldern zurückführen, möglicherweise bei einer Kollision zweier solcher Sterne. Diese sogenannten Magnetare haben Magnetfelder bis zu 100 Milliarden Tesla – etwa 1000fach stärker als jene bei klassischen Neutronensternen. „Magnetare können in nur einer Millisekunde mehr Energie abstrahlen als unsere Sonne in 300.000 Jahren. Und sie sind heiße Kandidaten, um diese Ausbrüche zu erklären“, sagt Matthew Bailes von der Swinburne-Universität im australischen Melbourne.
Suche nach weiteren Blitzen beginnt
Um Ursprung und Ursache dieser kosmischen Phänomene näher zu erkunden, wollen die Astronomen nun nach weiteren Radioblitzen suchen. „Wir haben gerade damit begonnen, mit weiteren Radioantennen wie unserem 100-Meter-Teleskop in Effelsberg die Suche auf den gesamten Himmel auszudehnen“, sagt David Champion vom Bonner Max-Planck-Institut. „Wir möchten diese Strahlungsausbrüche auch gern in Echtzeit erfassen.“ Mit zukünftigen Teleskopen wie dem Square Kilometre Array (SKA) werden die Astronomen größere Bereiche des Himmels systematisch scannen und mit großer Wahrscheinlichkeit eine wesentlich größere Anzahl dieser Blitze entdecken.
Die Forscher möchten ihre Ergebnisse auch dazu nutzen, die Eigenschaften des Raumes in Richtung der beobachteten Strahlungsausbrüche zu untersuchen. „Den intergalaktischen Raum und seine Bestandteile kennen wir noch nicht im Detail“, sagt Ben Stappers von der Universität Manchester. „Wir könnten die beobachteten Strahlungsausbrüche als Messsonden nutzen, um einiges über den Raum und die fehlende Materie im Universum zu erfahren.“ (Science, 2013; doi: 10.1126/science.1236789 )
(Max-Planck Gesellschaft, 05.07.2013 – NPO)