Training in der virtuellen Realität könnte Schlaganfall-Patienten bei der Rehabilitation helfen. Das zeigt ein Experiment deutscher Forscher. Übten Patienten acht Tage lang in einem 3D- Supermarkt, fanden sie sich besser zurecht und merkten sich auch benötigte Waren besser. Solche virtuellen Trainingsmöglichkeiten könnten daher die Betroffenen schneller wieder alltagstauglich machen, wie die Wissenschaftler berichten.
Patienten, die nach einem Schlaganfall oder einem epileptischen Anfall Hirnschäden davontragen, sind meist in ihrem Alltag sehr eingeschränkt. Gedächtnis, räumliche Orientierung und visuelle Wahrnehmung können stark gestört sein. Wenn einzelne Hirnareale geschädigt sind, können deren Aufgaben oft von anderen Teilen des Gehirns übernommen werden. Diese Hirnareale müssen die neuen Aufgaben aber erst lernen. In vielen herkömmlichen Rehabilitationsprogrammen wird dies trainiert, meist kann das Gelernte aber nur unzureichend in den Alltag übertragen werden. Hier liegt der besondere Vorteil einer neu entwickelten, medizinischen 3D-Trainingsumgebung, die eine alltagsnahe Situation simuliert.
Ein Team aus Informatikern, Psychologen und Technikern der Universität Bielefeld um Mario Botsch hat das 3D-System „OctaVis“ entwickelt. Das System besteht aus einem Ring von acht hohen Monitoren, die den Nutzer umgeben. Auf den Bildschirmen sieht er die Gänge und Regale eines Supermarktes. Er sitzt auf einem Drehstuhl und kann sich mit einem Steuerknüppel zur Seite und nach vorne bewegen, um dann per Berührung des Bildschirms den jeweiligen Artikel in seinen Warenkorb zu befördern. Auch der Drehstuhl ist mit den Bildschirmen gekoppelt. Will der Nutzer in eine andere Richtung, dreht er sich auf seinem Stuhl nach links oder rechts. „Das Gerät ist leicht zu bedienen“, sagt Botsch. Auch Nutzer, die nicht mit Computern vertraut sind, können ohne Schwierigkeiten in die virtuelle Umgebung eintauchen: „Die mit 94 Jahren älteste Teilnehmerin hat die 3D-Umgebung ohne Probleme gemeistert“, so der Forscher.
Die Wissenschaftler testeten in mehreren Kliniken, wie stark sich Patienten durch regelmäßiges Üben in einer alltagsnahen Supermarkt-Simulation verbesserten. Für die Studie bekamen die Patienten die Aufgabe, bestimmte Lebensmittel in dem virtuellen 3D-Supermarkt einzukaufen. Dafür wurde ihnen eine Liste mit 20 Produkten vorgelesen. Die Testpersonen mussten sich die Liste merken, die Artikel im Supermarkt finden und in ihrem Warenkorb sammeln. Jeder Patient wiederholte diese Aufgabe an acht Tagen, wobei am siebten Tag eine „Störliste“ mit ganz anderen Waren verwendet wurde. Am letzten Tag wurde wieder die Originalliste eingekauft, sie wurde aber im Gegensatz zu den vorherigen Tagen nicht mehr vorgelesen.