Kräutertees gelten eigentlich als gesund. Jetzt aber zeigen stichprobenartige Tests des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), dass viele dieser Tees giftige und krebserregende Pflanzenstoffe enthalten können. Zwar sei eine akute Gesundheitsschädigung bei kurzfristiger Aufnahme unwahrscheinlich. Die Experten empfehlen aber, besonders Kindern nicht ausschließlich solche Tees zu trinken zu geben, da längerfristig ein Schaden für die Gesundheit nicht auszuschließen sei.
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Pyrrolizidin-Alkaloide sind sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, die viele Pflanzen weltweit zum Schutz vor Fraßfeinden bilden. Je nachdem, um welche Art oder um welches Pflanzenteil es sich handelt, kann der Gehalt dieses Stoffes stark variieren. Eine Variante davon, die 1,2-ungesättigten Pyrrolizidin-Alkaloide (PA) haben sich in Tierversuchen als krebserregend und erbgutschädigend erwiesen. In hoher Dosierung können sie auch zu akuten Leberschädigungen führen.
Bisher war es jedoch schwierig, diese Pflanzenstoffe in Tees oder Teeprodukten nachzuweisen. Forscher am Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) haben daher eine Analysenmethode entwickelt, mit der sich diese Pyrrolizidin-Alkaloiden in Kräutertee- und Teeproben bestimmen lassen. Im Rahmen der Prüfung dieser Methode untersuchten Forscher 221 verschiedene Kräutertee- und Teeproben sowie Teedrogen aus dem deutschen Einzelhandel auf den Gehalt an 1,2-ungesättigten Pyrrolizidin-Alkaloiden. Zu den stichprobenartig getesteten Kräuterteesorten gehören: Babyfencheltee, Fencheltee, Kamillentee, Kräutertee, Pfefferminztee, Brennnesseltee und Melissentee.
Gefährdung für Kinder und Schwangere nicht ausgeschlossen
„Wir haben in einigen Proben unerwartet hohe Gehalte an Pyrrolizidin-Alkaloiden in den Kräutertee- und Teeproben gemessen“, berichtet BfR-Präsident Andreas Hensel. Es seien Summengehalte von 0 bis 3,4 Milligramm der Substanz pro Kilogramm Trockenprodukt ermittelt worden. „Da sich einige der nachweisbaren Pyrrolizidin-Alkaloide im Tierversuch als genotoxische Kanzerogene erwiesen haben, sind diese Gehalte zu hoch und sollten möglichst gesenkt werden.“ Die Ergebnisse der untersuchten Kräutertees und Tees aus konventioneller Erzeugung unterschieden sich nicht von denen aus biologischem Anbau.
Trotz der unerwartet hohen Gehalte in den Proben ist nach Ansicht der BfR-Experten eine akute Gesundheitsschädigung bei kurzfristiger Aufnahme für Erwachsene und Kinder unwahrscheinlich. Bei längerfristigem Verzehr überdurchschnittlich hoher Mengen von Tees mit mittleren und hohen Gehalten könnte aber, wenn sich die ersten Daten bestätigen, ein Risiko einer gesundheitlichen Gefährdung, insbesondere bei Kindern, Schwangeren und Stillenden, bestehen. Eltern wird daher vorerst empfohlen, ihren Kindern nicht ausschließlich Kräutertees und Tee anzubieten. Auch Schwangere und Stillende sollten Kräutertees und Tee abwechselnd mit anderen Getränken konsumieren.
Verstärkte Kontrollen nötig
Wie die Forscher betonen, schwanken die Gehalte einzelner Proben auch innerhalb der gleichen Teesorte erheblich, sodass sichere Aussagen zum gesundheitlichen Risiko bei regelmäßiger Aufnahme belasteter Teeaufgüsse derzeit noch nicht möglich sind. Die ersten erhobenen Daten des Forschungsprojekts müssen, zum Beispiel im Rahmen des Lebensmittel-Monitorings, erst noch verifiziert werden. Sollten sich die ersten Ergebnisse bestätigen, seien verstärkte Anstrengungen notwendig, die PA-Gehalte in Kräutertees und Tees so weit wie möglich zu senken, konstatieren die BfR-Experten. Dies ist auch deshalb erforderlich, weil eine mögliche zusätzliche PA-Exposition durch andere Lebensmittel wie Honig hinzukommen kann.
Das BfR hält ausreichende Kontrollen der PA-Gehalte von Kräutertee- und Teechargen vor der Vermarktung und eine Erforschung der Ursache hoher PA Gehalte in entsprechenden Produkten seitens der Wirtschaftsbeteiligten für notwendig. Die Lebensmittelüberwachung sollte Kontrollen hinsichtlich potentieller PA-Gehalte von Kräutertee- und Teeproben durchführen. Generell rät das BfR zu Abwechslung und Vielfalt bei der Auswahl von Lebensmitteln, um einseitigen Belastungen mit verschiedenen potenziell gesundheitsgefährdenden Stoffen, mit deren vereinzeltem Vorkommen in Lebensmitteln gerechnet werden muss, vorzubeugen.
(Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), 16.07.2013 – NPO)