Biologie

Kakadus sind gute Hütchenspieler

Die Papageien merken sich die Position versteckter Objekte besser als manches Menschenkind

Erwischt: Der Goffini-Kakadu hat das Hütchen mit seiner Belohnung erfolgreich verfolgt. © Alice Auersperg

Wieder einmal beweisen Kakadus ihre außergewöhnliche Intelligenz: Sie beherrschen sogar das Hütchenspiel. Wird eine Belohnung unter einem von mehreren Hütchen versteckt, merken sie sich selbst nach mehrfachem Bewegen der Hütchen, wo ihr Leckerli liegt. Diese Aufgabe beherrschen Kinder erst ab vier Jahren und im Tierreich nur Menschenaffen, wie die Forscher der Universität Wien im Fachjournal „Journal of Comparative Psychology“ berichten. Die Kakadus lösten dagegen gleich mehrere Varianten solcher Aufgaben mit Bravour.

Woher wissen wir, dass ein Keks noch immer existiert, auch wenn er in einer Keksdose nicht sichtbar ist? Und warum vermuten wir instinktiv, dass ein Auto, das in einem Straßentunnel verschwindet, an seinem anderen Ende wieder erscheinen wird? Die Fähigkeit, die Bewegung von Objekten zu verfolgen, die vorübergehend außer Sicht sind, gilt als geistig anspruchsvoll. Selbst menschliche Kinder verstehen diese Zusammenhänge nicht von Anfang an, wie Tests des französischen Psychologen Jean Piaget bereits in den 1950er Jahren zeigten.

Unter welchem Hütchen steckt die Belohnung?

In den sogenannten Transpositions-Tests beispielsweise wird eine Belohnung unter einem von mehreren gleichen Hütchen versteckt, welche dann ein- oder mehrmals ausgetauscht werden. Die meisten Kinder können erst mit drei bis vier Jahren korrekt angeben, unter welchem Hut am Ende ihre Belohnung steckt. Auch Menschenaffen lösen solche Transpositions-Aufgaben, haben aber mehr Schwierigkeiten, sobald zwei oder mehr Hütchen gleichzeitig bewegt werden.

Bei den Rotations-Tests wiederum sind mehrere gleiche Hütchen auf einem länglichen Brettchen aufgestellt, das in verschiedenen Winkeln drehbar ist. Unter einem der Hütchen findet sich die Belohnung. Bei den sogenannten Translokationen rotieren dagegen nicht die Hütchen, sondern der Proband – Kind oder Tier – wird um den Versuchsaufbau herumbewegt und sieht ihn so aus verschiedenen Blickwinkeln. Für Kinder sind Translokationsaufgaben leichter als Rotationen, sie können jedoch beide Aufgaben im Alter von zwei bis drei Jahren lösen.

Dieses Video zeigt die verschiedenen Aufgaben, die die Kakadus lösen mussten.© Alice Auersperg et al. / Universität Wien

Besser als manches menschliche Kind

Alice Auersperg vom Department für Kognitionsbiologie der Universität Wien und ihre Kollegen haben nun alle getestet, wie Goffini-Kakadus bei diesen drei verschiedenen Aufgaben abschneiden. Diese Kakaku-Art gilt als besonders neugierig und verspielt, aber auch als intelligent. Erst vor kurzem belegte das gleiche Team, dass sie sogar komplizierte Schlösser auf Anhieb knacken können. Jetzt zeigt sich: Die Papageien sind auch gewiefte Hütchenspieler. „Die Mehrheit der Tiere lösten spontan und zuverlässig sowohl Rotations-, Translokations- als auch Transpositions-Aufgaben“, berichtet Birgit Szabo, Kognitionsbiologin an der Universität Wien.

Schematische Präsentation der unsichtbaren Verschiebungsaufgaben: In regulären, unsichtbaren Verschiebungen nach Piaget wird die Belohnung unter einem Hütchen hinter größere Verdeckungen bewegt. In Transpositionen werden mehrere Hütchen miteinander ausgetauscht, unter einem der Hütchen findet sich die Belohnung. In Rotationen werden die Hütchen auf einer Plattform in verschiedenen Winkeln (90°, 180°, 270° und 360°) rotiert und in Translokationen wird das Versuchstier um die Hütchen herumgetragen und in verschiedenen Winkeln dazu entlassen. © Alice Auersperg

Besonders der Transpositions-Test – also das klassische Hütchenspiel – gilt als sehr anspruchsvoll in Bezug auf Aufmerksamkeit, weil zwei Verdeckungen gleichzeitig bewegt werden. Deshalb lernen Kinder dies erst mit etwa vier Jahren. Doch die Vögel schnitten dabei bestens ab. Auch mit Rotationen und Translokationen hatten die Goffinis erstaunlich wenig Probleme. „Es war überraschend zu beobachten, dass Goffinis die meisten unsichtbaren Verschiebungen lösen, obwohl diese vermutlich eine starke kognitive Last auf das arbeitende Gedächtnis darstellen“, ergänzt Thomas Bugnyar von der Universität Wien.

Nach Ansicht der Forscher verdanken die Goffini-Kakadus ihre Fähigkeit, versteckte Objekte quasi im Geiste mitzuverfolgen, wahrscheinlich ihrer Lebensweise: „Wir vermuten, dass die Fähigkeit zu fliegen und aus der Luft Beute zu fangen möglicherweise stark ausgeprägte räumliche Rotationsfähigkeit benötigt“, erklärt Auguste von Bayern von der Universität Oxford. Das wiederum könnte die Leistung der Tiere in Translokations- und Rotationsaufgaben positiv beeinflussen. (Journal of Comparative Psychology, 2013; doi: 10.1037/a0033272)

(Universität Wien, 29.07.2013 – NPO)

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