Das älteste Hausschwein unserer Region lebte nicht bei steinzeitlichen Bauern, sondern bei deren Nachbarn: Jägern und Sammlern, die nach gängiger Theorie eigentlich noch keine Nutztiere besaßen. Das zeigen die Analysen von rund 6.900 Jahre alten Schweineknochen aus Norddeutschland. Ob die Jäger und Sammler diese Schweine bei den benachbarten Bauern eintauschten oder sie einfach stahlen, ist allerdings unbekannt, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Communications“ berichten.
Vor rund 7.500 Jahren bahnte sich im Norden Mitteleuropas eine Revolution an: Immer häufiger begegneten die dort lebenden Jäger und Sammler der sogenannten Ertebølle-Kultur Gruppen von Menschen, die ganz anders lebten wie sie: Sie siedelten an festen Plätzen, bauten Getreide an und züchteten Nutztiere wie Rinder, Schafe und Schweine. „Archäologische Funde aus Nordeuropa deuten auf eine lange Periode der Koexistenz von mesolithischen Jäger-und-Sammler-Gruppen und neolithischen Bauerngemeinschaften hin“, erklären Ben Krause-Kyora von der Christans-Albrechts Universität Kiel und seine Kollegen.
Knochen helfen beim Blick in den Urzeit-Kochtopf
Trotz des Kontakts mit ihren Landwirtschaft treibenden Nachbarn blieben die nomadischen Gruppen aber weitgehend bei ihrer angestammten Lebensweise: Sie ernährten sich größtenteils von Fisch, den sie an der Ostseeküste fingen, jagten aber auch Wildschweine und anderes Wild. Unklar blieb aber bisher, ob sich diese mesolithischen Stämme vielleicht doch zumindest einige Aspekte der Tierzucht von ihren Nachbarn abgeschaut hatten – und beispielsweise doch domestizierte Schweine oder Schafe besaßen – oder vielleicht auch bei ihren Nachbarn stahlen.
Um das zumindest für die Schweine zu klären, analysierten Krause-Kyora und seine Kollegen nun systematisch 144 fossile Knochen- und Zahnproben, die aus Lagerplätzen der Ertebølle-Kultur an der Ostseeküste stammten. Dabei verglichen sie die äußere Form und Struktur der Funde mit der von Hausschweinen und Wildschweinen. Sie analysierten aber auch die mitochondriale DNA der Proben, um auf die Herkunft der Schweine schließen zu können. Bei immerhin 63 Proben gelang es den Forschern, das immerhin gut 7.000 Jahre alte Erbgut zu isolieren und zu bestimmen.