Astronomie

Heißes Gas verdirbt Schwarzem Loch den Appetit

Astronomen finden Grund für geringe Aktivität von Sagittarius A* im Milchstraßen-Zentrum

Das Zentrum unserer Galaxie mit Sagittarius A* im Röntgenlicht © NASA/UMass/D.Wang et al., IR: NASA/STScI

Das Schwarze Loch im Herzen der Milchstraße ist eher träge: Statt unentwegt große Materiemassen zu verschlingen, hält sich sein Verzehr eher in Grenzen. Mit Hilfe des Chandra Röntgen-Teleskops haben Astronomen jetzt einen möglichen Grund dafür entdeckt: Junge Sterne in seinem Umfeld erzeugen Gas, dass so heiß und dünn ist, dass kaum etwas davon über den Ereignishorizont des Schwarzen Lochs gelangt, wie die Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten.

Wie in den meisten Galaxien sitzt auch im Herzen unserer Milchstraße ein massereiches Schwarzes Loch. Sagittarius A* (Sgr A*) liegt rund 26.000 Lichtjahre von der Erde entfernt und ist nicht direkt sichtbar. Zu erkennen ist es nur an dem Verhalten der Materie in seiner unmittelbaren Umgebung. Doch die gibt Astronomen schon seit längerem Rätsel auf. „Im Prinzip saugen supermassereiche Schwarze Löcher alles auf“, erklärt Studienleiter Q. Daniel Wang von der University of Massachusetts in Amherst. Zumindest dachte man das lange Zeit. Aber im Falle von Sagittarius A* und auch einigen andern Galaxienkernen stimmt das offenbar nicht.

Appetitlosigkeit unter Massemonstern

Stattdessen scheinen die viele dieser Massemonster eher auf Diät zu sein und nur sehr wenig Materie zu verschlucken. Das zeigt die nur schwache Röntgenstrahlung, die von den Schwarzen Löchern ausgeht. Denn wenn Gas, Staub oder sogar ganze Sterne verschlungen werden, setzt dies kurz vor deren Ende große Mengen an Energie frei, die als Strahlung ausgesendet werden. „Es war ein großes Rätsel, warum die meisten Röntgen-Signaturen dieser Schwarzen Löcher so schwach sind“, erklärt Wang.

Um das zu klären, visierten die Forscher das uns am nächsten gelegen Exemplar dieser „appetitlosen“ Riesen an, Sagittarius A*. „Sagittarius A* ist eines der wenigen Schwarzen Löcher, die nahe genug sind, um zu beobachten, wie die Materie in seinem Umfeld strömt“, sagt Wang. Mit Hilfe des Röntgenteleskops Chandra beobachteten die Astronomen genau dies nun fünf Wochen lang ununterbrochen, so lang wir nie zuvor.,

Eine Singularität: Schwarzes Loch © NASA/Chandra

Heißes Gas erweist sich als unverdaulich

Die Aufnahmen enthüllten Überraschendes: Tatsächlich verschwindet nur rund ein Prozent der Materie aus dem Umfeld des Schwarzen Lochs in seinem Ereignishorizont – dem Bereich, aus dem es kein Zurück gibt. Die Chandra-Daten lieferten den Astronomen auch einen möglichen Grund dafür: Schuld daran könnte ein Klumpen junger, massereicher Sterne sein, der der Nähe von Sagittarius A* liegt. „Diese massereichen Sterne erzeugen extrem starke Sternwinde, die mit großer Geschwindigkeit kollidieren und Turbulenzen erzeugen“, erklärt Wang. Dadurch heizt sich das interstellare Gas in ihrer Umgebung extrem auf und wird stark verteilt.

„Wir haben festgestellt, dass das Schwarze Loch Probleme hat, solche Gase anzusammeln, zudem sind sie zu heiß, um sie zu verschlingen“, so der Astronom. Je heißer solche Gase sind, desto schwieriger wird es für das Schwarze Loch, sie anzuziehen. 99 Prozent des Gases wird daher verworfen und nur ein winziger Anteil gelangt bis zum Ereignishorizont. Andere Schwarze Löcher, die aktiver sind, besitzen Gasreservoire, die sehr viel kühler und dichter sind als das von Sagittarius A*, wie der Forscher erklärt.

„Entgegen dem, was die Menschen glauben, verschlingen Schwarze Löcher nicht alles, was ihnen in die Quere kommt“, sagt Koautor Feng Yuan vom Astronomischen Observatorium Schanghai. „Sagittarius A* findet offenbar den größten Teil seiner Nahrung schwer verdaulich.“ (Science 2013; doi: 10.1126/science.1240755)

(NASA / Science, 30.08.2013 – NPO)

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