Technik

Mona Lisa ist ältestes 3D-Bild der Welt

Zusammen mit einem zweiten Portrait entsteht ein stereoskopischer 3D-Effekt

Doppelte Mona Lisa: Die Version des Prado und die des Louvre © historisch / CC-by-sa 3.0

Die Mona Lisa von Leonardo da Vinci erstaunt immer wieder. Jetzt haben deutsche Forscher entdeckt, dass sie zusammen mit einem zweiten, ganz ähnlichen Portrait ein echtes Stereopaar bildet – eine Komposition, die auch modernen 3D-Bildern zugrunde liegt. Dass der 3D-Effekt dabei vom Universalgenie da Vinci beabsichtigt war, halten die Forscher für durchaus wahrscheinlich.

Im Jahr 2012 machten Wissenschaftler im Prado Museum in Madrid eine sensationelle Entdeckung: Nachdem Restauratoren schwarze Übermalungen vom Hintergrund einer bis dato als unbedeutend betrachteten Kopie von Leonardo da Vincis Mona Lisa entfernt hatten, erkannte man eine verblüffend hohe Ähnlichkeit zum Original. Beide Gemälde zeigen dieselbe junge Frau vor derselben bergigen Landschaft.

Zwei Portraits als Stereoskopie-Paar

Das Spannende daran: Die beiden Gemälde gleichen sich sehr, sind aber aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln gemalt worden, wie Claus-Christian Carbon von der Universität Bamberg und seine Kollegin Vera Hesslinger von der Universität Mainz nun herausgefunden haben. Sie stellten fest, dass die Kombination der beiden Perspektiven rechnerisch dem menschlichen stereoskopischen Sehen entspricht. Das stereoskopische Sehen ermöglicht räumliche Wahrnehmung, indem das Gehirn die horizontal leicht versetzten visuellen Signale beider Augen verrechnet – ein Prinzip, das die Technik noch heute für das 3D-Fernsehen nutzt.

Zu einem 3D-Anaglypenbild zusammengesetzte Portraits © Carbon & Hesslinger / Perception

„Wir können zeigen, dass dieses Renaissance-Bilderpaar stereoskopische, also dreidimensionale, Qualitäten besitzt“, berichtet Carbon. Die Wissenschaftler konnten die abgebildete Person teilweise dreidimensional rekonstruieren, indem sie Teile beider Portraits überlagerten. Die starke räumliche Wirkung lässt sich dabei am besten im unteren Teil der Kombination beider Gemälde erkennen. Genau dort spiegelt die perspektivische Verschiebung der beiden Einzelbilder auch am besten den horizontalen Unterschied zwischen linkem und rechtem Auge wider, wie eine Analyse einzelner Bildpunkte ergab.

War der 3D-Effekt von da Vinci beabsichtigt?

„Es ist wirklich erstaunlich, wie perfekt die beiden Versionen aufeinander abgestimmt sind“, erklärt Hesslinger. „Auffällig ist, dass die beiden Gemälde bei dieser hohen Übereinstimmung dennoch einen kleinen, aber systematischen Unterschied aufweisen, nämlich eine Abweichung in der Perspektive – das ist einzigartig, vor allem in dieser extrem hohen Detailqualität, wie sie eigentlich erst über 300 Jahre später die Erfindung der Fotografie ermöglichte.“

Dreidimensionale Darstellung von Mona Lisas Händen © Carbon & Hesslinger / Perception

Bisher ging man davon aus, dass stereoskopische Darstellungen nicht vor Mitte des 19. Jahrhunderts realisiert wurden. Auf der Basis von Forschungsergebnissen über räumliches Sehen schuf damals der Brite Charles Wheatstone erste Stereogramme aus gepaarten Fotografien.

Anhand der beiden Bilder haben die Forscher auch die Malperspektiven von da Vinci und dem zweiten Künstler, womöglich einem Leonardo-Schüler, rekonstruiert und damit auch deren räumliche Positionierung zum Modell in Leonardos Atelier. „Ob Leonardo die Mona Lisa als Stereobild geplant hat, können wir nicht mit Sicherheit sagen“, erklärt Carbon. „Berücksichtigt man seine tiefe Beschäftigung mit den optischen Gesetzen und der menschlichen Wahrnehmung, ist es allerdings auch nicht auszuschließen.“ (Perception, 2013; doi: 10.1068/p7524)

(Otto-Friedrich-Universität Bamberg, 04.10.2013 – NPO)

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