Für den Kometen ISON wird es in den nächsten Wochen heiß: Er nähert sich der Sonne an und wird dabei immer heller. Ende November dann wird er sie in nur 1,8 Millionen Kilometern passieren. Übersteht er dies, könnte er am Nachthimmel ein besonderes Schauspiel bieten. Doch für die Wissenschaftler beginnt die heiße Phase schon jetzt, ihre Beobachtungskampagnen laufen jetzt an. Die bei der Passage von ISON gesammelten Daten könnten dazu beitragen, viele ungeklärte Fragen zu beantworten: vom Ursprung des Lebens auf der Erde bis zur frühen Entwicklung unseres Sonnensystems.
In der jetzigen frühen Phase geht es den Forschern vor allem um den Schweif des Kometen, der sich jetzt bereits ausgebildet hat. Seine Entwicklung erlaubt Rückschlüsse auf physikalische Eigenschaften des Kerns sowie auf Gas- und Teilchenausbrüche an seiner Oberfläche. Zudem wollen die Forscher anhand der früh gewonnen Daten die Form, die der Staubschweif zu späteren Zeitpunkten annehmen wird, berechnen – und so einen Vorgeschmack bieten auf den Anblick, der uns Ende November und Anfang Dezember am Nachthimmel erwartet.
Höhepunkt des Ganzen ist dann der 28. November 2013, wenn ISON die Sonne in einem Abstand von kaum mehr als einem Sonnendurchmesser passiert. „In dieser Entfernung wird die Temperatur an der Oberfläche des Kometen bis zu 2000 Grad Celsius erreichen“, erklärt Kometenforscher Hermann Böhnhardt, der die Aktivitäten des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) rund um ISON leitet. Winzige Staubteilchen an der Kometenoberfläche könnten verglühen; Stoffe, die sonst tief im Innern gebunden sind, verdampfen.
Hoffnung auf verdampfende Kometenbausteine
Der Druck im Kometenkern könnte bei der Sonnenpassage sogar so stark steigen, dass der Körper zerbricht. Für Kometenforscher wäre dieses letzte Szenario bei weitem nicht die schlechteste Variante. Zwar hoffen viele Hobbyastronomen, dass der Komet die Sonne unbeschadet passiert und in den Tagen und Wochen danach einen spektakulären Schweif ausbildet. Doch falls der Kometenkern zerbricht, würden einzelne Bruchstücke den Blick auf das Innere des Körpers freigeben, das sonst verborgen bleibt.