Energie

Stroh: der unterschätzte Energielieferant

Stroh könnte deutschlandweit mehrere Millionen Haushalte mit Energie versorgen

Stroh als Energielieferant - bisher in Deutschland kaum genutzt © USDA

Stroh ist ein bisher kaum genutzter Reststoff beim Getreideanbau. Doch es könnte künftig eine wichtige Rolle für Deutschlands Energiemix spielen. Forscher haben ausgerechnet, dass man mit Stroh bis zu 4,5 Millionen Haushalte mit Strom oder Wärme versorgen könnte. Dafür würde es schon reichen, wenn nur ein Drittel der jährlich anfallenden Strohmenge in Deutschland genutzt würde.

Seit den 1950er Jahren hat die Bedeutung des Getreideanbaus in Deutschland stark zugenommen. Heute werden auf fast 60 Prozent der Ackerfläche verschiedene Getreidekulturen wie Gerste oder Weizen angebaut. Doch das dabei anfallende Stroh wird von allen Bioreststoffen noch am wenigsten genutzt. Eine Studie der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL), des Deutschen Biomasseforschungszentrums (DBFZ) und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) hat nun genauer untersucht, wie viel Stroh als Energielieferant nutzbar wäre und was das konkret an Strom und Wärme bringen würde.

Acht bis 13 Megatonen nutzbares Stroh pro Jahr

Für ihre Studie ermittelten die Forscher zunächst, wie viel Stroh in der deutschen Landwirtschaft anfällt. Sie kamen dabei auf einen Wert von durchschnittlich rund 30 Megatonnen Getreidestroh pro Jahr. Dieses Stroh aber kann nicht vollständig zur Energieerzeugung genutzt werden. Denn ein Teil wird für die Einstreu bei der Viehhaltung gebraucht, ein anderer muss auf dem Acker bleiben, um dem Boden Nährstoffe wiederzugeben.

Wie die Forscher ausrechneten, könnte je nach Berechnungsmethode 8, 10 oder 13 Megatonnen Stroh pro Jahr nachhaltig zur Energieerzeugung genutzt werden – also ohne Nachteile für die Böden und oder andere Nutzungsformen. „Damit liegt unseres Wissens jetzt erstmals eine Studie für ein EU-Land vor, die das Potenzial von Stroh für eine echte nachhaltige Energienutzung aufzeigt“, betont Daniela Thrän, Wissenschaftlerin an DBFZ und UFZ.

Strom und Wärme für Millionen Haushalte

Wie viel Strom und Wärme aber würde es bringen, wenn diese zwischen acht und 13 Megatonnen Stroh beispielsweise in großen Heizkraftwerken eingesetzt oder in Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung verbrannt werden? Die Analysen der Forscher ergaben, dass das Stroh durchaus einen Teil zum künftigen Energiemix beitragen kann: Mit dessen Potenzial könnte man zum Beispiel 1,7 bis 2,8 Millionen Durchschnittshaushalte mit Strom und gleichzeitig 2,8 bis 4,5 Millionen Haushalte mit Wärme versorgen. Diese Ergebnisse unterstreichen den möglichen Beitrag von Stroh innerhalb der erneuerbaren Energieträger, erklären die Wissenschaftler.

Wie viel Stroh als Energielieferant zur Reduzierung der Treibhausgase beiträgt, hängt davon ab, wie das Stroh genutzt wird. Wird es zur Wärmeerzeugung, Kraft-Wärme-Kopplung oder Biokraftstoffproduktion der zweiten Generation verwendet, kann die CO2-Einsparung zwischen 73 und 92 Prozent betragen. Unter den Bedingungen in Deutschland wäre der Einsatz von Stroh in der Kraft-Wärme-Kopplung am klimafreundlichsten.

Vorbild Dänemark

„Stroh sollte daher vorrangig in größeren Heizwerken bzw. Heizkraftwerken zum Einsatz gelangen, allerdings muss die Technologieentwicklung für eine umweltfreundliche Nutzung forciert werden“, betont Armin Vetter von der TLL. Die energetische Nutzung von Stroh sollte in Deutschland vor allem in Regionen mit günstigen Konditionen und mit entsprechenden Anlagen aufgebaut werden, lautet das Resümee der neuen Studie. Dann könnte zwar aus Stroh noch lange kein Gold gesponnen werden, aber es würde einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten.

Ein Blick über die Grenze zeigt, was machbar sein könnte, wenn die Weichen optimal gestellt werden würden: Momentan gilt noch Dänemark als weltweit führend bei der Strohnutzung. Vor 15 Jahren wurde dort ein Masterplan eingeführt, der dafür gesorgt hat, dass in Deutschlands nördlichem Nachbarland inzwischen Energie von über 5 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr aus Stroh erzeugt wird. (Applied Energy, 2013; doi: 10.1016/j.apenergy.2013.07.016)

(UFZ, 21.10.2013 – NPO)

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