Neurobiologie

Hirntraining durch „Super Mario“

Studie zeigt positiven Effekt von Videospielen auf einzelne Hirnbereiche

Videospieler © Wilhelm Joys Andersen (wilhelmja) / CC BY-SA 2.0

Videospiele sind nur sinnlose Zeitverschwendung – so die weit verbreitete Ansicht. Doch offenbar haben „Super Mario“, „Tetris“ und Co dieses Urteil nicht verdient. Einige Studien haben bereits einen positiven Effekt bestimmter Videospiele auf das Gehirn nahegelegt und nun konnten deutsche Forscher konkret zeigen: Videospielen vergrößert Hirnbereiche, die für räumliche Orientierung, Gedächtnisbildung, strategisches Denken sowie Feinmotorik bedeutsam sind. Im Fachjournal „Molecular Psychiatry“ berichten die Forscher, die positiven Effekte könnten auch bei der Therapie psychischer Störungen genutzt werden.

In einer früheren Studie hatten Simone Kühn vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und ihre Kollegen bereits herausgefunden, dass Menschen, die in ihrem Leben viele Videospiele gespielt haben, ungewöhnlich stark entwickelte Hirnstrukturen in bestimmten Bereichen besitzen. „Dabei blieb aber die ‚Henne-Ei-Frage‘ offen“, sagt Kühn: Es hätte sein können, dass Menschen mit ausgeprägten Strukturen in speziellen Hirnbereichen eine besondere Faszination für Videospiele haben. Mit der aktuellen Studie konnten die Wissenschaftler diese Frage nun klären.

Größere Bereiche der Grauen Substanz

Um herauszufinden, wie sich Videospielen auf das Gehirn auswirkt, ließen sie Erwachsene über zwei Monate hinweg täglich 30 Minuten das Videospiel „Super Mario 64″ spielen. Mit Hilfe der Magnetresonanztomographie (MRT) wurden anschließend die Strukturen ihrer Gehirne untersucht. Im Vergleich zu Kontroll-Probanden, die nicht gespielt hatten, zeigte sich bei ihnen eine Vergrößerung einiger Bereiche der grauen Substanz, in der sich die Zellkörper der Nervenzellen des Gehirns befinden.

Die Vergrößerung umfasste den rechten Hippokampus, den präfrontalen Kortex und Teile des Kleinhirns. Diese Hirnareale sind unter anderem für räumliche Orientierung, Gedächtnisbildung, strategisches Denken sowie für die Feinmotorik der Hände von zentraler Bedeutung. Interessanterweise waren diese Veränderungen umso ausgeprägter, je eher die Probanden von Spaß beim Spielen berichtet hatten. „Während vorhergehende Studien veränderte Hirnstrukturen bei Videospielern lediglich vermuten ließen, können wir mit dieser Studie einen direkten Zusammenhang zwischen dem Spielen und einem Volumenzuwachs nachweisen. Das belegt, dass sich bestimmte Hirnregionen durch Videospielen gezielt trainieren lassen“, erläutert Kühn.

Videospiele als Therapieform bei psychischen Störungen?

Die Dosis entscheidet

Doch Videospiel ist nicht gleich Videospiel, betont die Wissenschaftlerin: „Wir können beispielsweise nicht sagen, was beim Spielen von brutalen Ego-Shootern passiert“. Die Ergebnisse beziehen sich auf das Spiel „Super Mario“, bei dem es in der Hauptsache auf räumliches Vorstellungsvermögen und Geschicklichkeit ankommt. Generell gilt der Wissenschaftlerin zufolge auch beim Videospielen: Die Dosis entscheidet über gut oder schlecht. „Wenn gerade Kinder fast nur noch Video spielen, kann das auch nicht gut sein“, so Kühn.

In sinnvollem Maße könnten sich sich Videospiele aber auch für die Therapie von Erkrankungen eignen, bei denen die entsprechenden Hirnregionen verändert sind. Das ist zum Beispiel bei psychischen Störungen wie der Schizophrenie, der posttraumatischen Belastungsstörung oder neurodegenerativen Erkrankungen wie der Alzheimer-Demenz der Fall. Deshalb möchten die Forscher nun in weiteren Studien die Wirkung von Videospielen bei Menschen mit psychischen Störungen genauer untersuchen. Derzeit setzen sie dies in einer Studie zur Posttraumatischen Belastungsstörung praktisch um.

(Molecular Psychiatry, 2013; doi: 10.1038/mp.2013.120)

(Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, 31.10.2013 – AKR)

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